Montag, 22. Dezember 2008

Denn sie wissen nicht, was sie schuh'n

Ein frommer Weihnachtswunsch:

George W. Bush muss sich ein Beispiel an Johannes Paul II. nehmen und seinem Attentäter vergeben.

Das ist die einzige Möglichkeit, um eine konfliktgeladene Situation zu entspannen. Und was JPII kann, kann Bush auch. Beide haben viel gemeinsam. Beide glauben an Jesus Christus. Beide sind die zweite Person ihres Names in ihrem Amt. Beide hatten bei letzter Messung identische Hirnaktivitäten.

Der Papst besuchte den Mann, der eine Kugel auf sein Herz schoss, während die Ärzte noch bis zu beiden Armen im heiligen Brustkorb steckten. Er hatte Ali Agca verziehen bevor die Wunde zugenäht war.

George Bush sollte dem Schuhwerfer Absolution erteilen. Das wäre ehrenwert und richtig. Wenn also die Wachen bitte für einen Moment aufhören könnten, den Gefangenen zu verprügeln, damit der Präsident ihn begnadigt? Und wie wäre die gute alte Tradition der präsidialen Pardons besser zu eröffnen als indem man vom Schuhwerfer zu den Betrügern, Folterern und Mördern übergeht.

Freitag, 12. Dezember 2008

Wiinanzkrise

Die US-Verkaufszahlen für Videospielekonsolen für den Monat November: 2 Million Wiis.

Kennt ihr das...

... wenn sich beim Applaudieren die Handflächen nicht berühren, weil man so aufgeregt ist, dass man den nächsten Klatscher beginnt bevor der aktuell ablaufende zu mehr als 49% abgeschlossen ist?

... wenn man seinen Augen nicht traut, zweimal blinzelt, und sich dann die Augäpfel nach hinten verdrehen und deinen Kopf hinunter rollen und in der Kehle stecken bleiben, dass einem die Luft wegbleibt?

... wenn die Zunge anschwillt und sabbernd aus dem Mund hängt, dass es ausschaut als wäre man dabei an einer Schnecke zu ersticken?

... dass sich die Schamhaare aufrichten wie kleine elektrisierte Indianer und einen Kriegstanz um den gigantischen Totempfahl namens Schwanz herum tanzen, der gerade in den Himmel geschossen ist?

Ja. Diese vier Sachen durchlebe ich augenblicklich. Alle gleichzeitig.

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Die Welt ist pisseklein

Der Vater eines Posters auf meinem Stammforum wird von Barack Obama zum Energieminister ernannt. Das wirklich Verrückte daran ist dass der Sohn die großen Neuigkeiten auf dem Forum erfuhr, weil jemand anderes einen Thread darüber erstellte.

Das ist eine Warnung für alle Eltern: Meidet auch nur im kleinsten bisschen berühmt zu werden. Denn ansonsten werden eure Kinder von eurem Tod durchs Internet erfahren - eingerahmt von der Diskussion über die letzte Folge von Kampfstern Galactica und einer Umfrage über Schwanzlängen.

Freitag, 5. Dezember 2008

Kunststudentinnen sind Schlampen

Das ist keine Frauenfeindlichkeit, das ist Wissenschaft.
At the other end of the spectrum, female arts students ranked as the most sexually active.
Für Damen, die mal richtig gesund ficken wollen, sind männliche Wissenschaftsstudenten dagegen die beste Wahl. Bei denen ist das Risiko einer Geschlechtskrankheit am geringsten - was eine nettere Weise ist zu sagen, dass sie Jungfrauen sind. Dafür sind sie sozial behindert, aber das ist ja nicht sexuell übertragbar.

Freitag, 21. November 2008

Warum Frauen fremdgehen dürfen und Männer nicht

Heute die Lösung für ein Rätsel aufgegeben von Californication. Sexsüchti Hank Moody besitzt keinerlei moralische Hemmungen, mit liierten Hasen in die Kiste zu hüpfen, aber er rümpft die Nase, wenn Männer umgekehrt ihre Frauen betrügen. Fern von Misogynie handelt es sich hier um einen extrem feministischen Macho: Er verbietet sich, für Frauen Entscheidungen zu treffen. Das starke Geschlecht entscheidet ganz allein, was für es gut und was falsch ist. Männer hingegen sind selbst Schuld, wenn ihre Frau sie betrügt, und ernten ihrerseits offen Verachtung, wenn sie hinter dem Rücken ihrer Partnerin den flotten Kick suchen. Das ist der emanzipierte Don Juan. Immer noch sexistisch, allerdings zugunsten der holden Weiblichkeit.

Bislang rätselte ich, woher der Doppelstandard stammt. Endlich ging mir ein Licht auf.

Es basiert auf dem einen Satz: Wer betrogen wird, ist doch selbst schuld. Und der für Männer ungünstigen Tatsache, dass das Problem, das sie in fremde Betten treibt, mit dem Partner lösbar ist und das von Frauen nicht.

Männer gehen wegen schlechtem Sex fremd. Schlechter Sex ist aus der Welt zu räumen, indem man darüber redet. Zumindest kann man es versuchen. Frauen werden untreu, weil ihr Partner zu wenig mit ihnen redet. Warum es hoffnungslos ist, das Dilemma mit Reden zu lösen, bedarf keiner Erläuterung.

Sonntag, 16. November 2008

God is Love , Love is God

"There is one factor upon which Jesus risks everything, on which he was willing to risk the authenticity of who he was, on the night before he died when he says in the gospel of Saint John: The people of the world will believe only to the degree that you love one another. If you break this law the world is right in not believing anything of my claims."
--- Monsignor Lorenzo Albacete über Christus letzte Mahnung an seine Jünger

Montag, 10. November 2008

Für einen Freund

The morn of life is past,
And ev'ning comes at last;
It brings me a dream of a once happy day,
Of merry forms I've seen
Upon the village green,
Sporting with my old dog Chey.

Old dog Chey's ever faithful;
Grief cannot drive her away;
She's gentle, she is kind,
I'll never, never find
A better friend than old dog Chey.

When thoughts recall the past,
Her eyes are on me cast,
I know that she feels what my breaking heart would say;
Although she cannot speak,
I'll vainly, vainly seek
A better friend than old dog Chey.

(by Stephen Foster)

Sonntag, 9. November 2008

Meet the Leader of the Free World

Gestatten, Obama. Barack Obama.

"I was always into the Spider-Man/Batman model. The guys who have too many powers, like Superman, that always made me think they weren’t really earning their superhero status. It’s a little too easy. Whereas Spider-Man and Batman, they have some inner turmoil. They get knocked around a little bit."

"What Washington needs is adult supervision. "

"With respect to the dog, this is a major issue. I think it's generated more interest on our Web site than just about anything. We have -- we have two criteria that have to be reconciled. One is that Malia is allergic, so it has to be hypoallergenic. There are a number of breeds that are hypoallergenic. On the other hand, our preference would be to get a shelter dog, but, obviously, a lot of shelter dogs are mutts like me. So -- so whether we're going to be able to balance those two things I think is a pressing issue on the Obama household."

"The fact that my 15 minutes of fame has extended a little longer than 15 minutes is somewhat surprising to me and completely baffling to my wife. "

"Tonight, we gather to affirm the greatness of our nation - not because of the height of our skyscrapers, or the power of our military, or the size of our economy. Our pride is based on a very simple premise, summed up in a declaration made over two hundred years ago. "

"Why can't I just eat my waffle?"

Samstag, 8. November 2008

Speaking Truth to Horny

"You got it backwards. You messed around with a Jewish girl, and now you're paying a goyish lawyer. You should have messed around with a goyishe girl, and gotten a Jewish lawyer."
---Rahm Emanuel zu Bill Clinton während der Lewinsky-Affäre

Donnerstag, 6. November 2008

Meet the Chief

Barack Obamas neuer Staabschef des Weißen Hauses ist eine fluchende, raufende, ballett-tanzende, koffein-gepuschte, stierhodenbehangene Masseneinschüchterungswaffe: Rahm Emanuel.

Kann mir jemand die besondere Persönlichkeit von Rahm in ein, zwei Sätzen beschreiben?

Sie, Herr Goldberg:
I've known Rahm for a long time, and he's yelled at me for no good reason on many occasions. This, of course, is the way he expresses affection.
Nicht schlecht. Jetzt vielleicht eine Charakterisierung, die mich dazu bringt, ihn als Stabschef einzustellen und nicht als Marktschreier? Bitte sehr, anonymes Stabsmitglied das mit ihm gearbeitet hat:
"Clinton loved Rahm, because he knew that if he asked Rahm to do something, he would move Heaven and Earth -- not necessarily in that order -- to get it done."
Aha, ein Mann also, der so gerne den Teufelsdreizack auspackt wie er die himmlischen Glocken läuten lässt. Warum geht beim Wort Glocken eine Hand nach oben, Paul Begala?
"He's got this big old pair of brass balls, and you can just hear 'em clanking when he walks down the halls of Congress. The Democratic Party is full of Rhodes scholars -- Rahm is a road warrior."
Okay, Paul, danke für das bisschen bislang schmerzlich vermisste Homoerotik. Was einem wirklich den Schweiß auf den Lenden glitzern lässt ist, dass Rahm ein Macher ist. Er ist zielorientiert. Anders als Rove & Co, die letztlich wenig von ihrer innenpolitischen Agenda umsetzen konnten, zählen für Rahm Ergebnisse. Der Mann war dabei, als Bill Clinton eine rumpelige Eingewöhnungsphase im Weißen Haus erlebte, bevor er zu dem Präsidenten reifte, an den man sich heute so gerne erinnert, und Rahm wird Obama vor den gleichen Fehlern bewahren. Im Jahr 2006 führte er den Feldzug der die Demokraten zurück in die Mehrheit brachte.

Rahms Wahl setzt ein Zeichen.

This is what it’s a sign of: the new president is a master of realpolitik. Just as Obama’s decision to forgo public campaign financing was a sign of his killer instinct—of his determination to win—so his choice of “Rahm-bo” is a sign that he intends to get things done, not strike poses.

(...) while Rahm is a partisan, he is not an ideologue. He doesn’t piss people off for the sake of scoring debating points or asserting his purity. He pisses people off because he cares about things, and sometimes pushes too hard. He lives by an old saying prevalent in F.D.R.’s Washington: “Keep all the balls in the air without losing your own.
Es ist weiterhin ein Zeichen dafür, dass Chicago die neue heimliche Politikhauptstadt der Vereinigten Staaten ist. Von dort aus orchestriert Obama seine Übergangsregierung. Rahm stammt aus Chicago und das gleiche gilt für viele von Obamas Clinton-schlagender, Republikaner-zerstörender Maschine. Allen voran David Axelrod, ein Mann mit einem Gesicht wie ein Gebrauchtwagenverkäufer, der seine Erfolgsformel über mehrere Kandidaten verfeinerte bevor er sie in Barack Obama zur Perfektion brachte.

Puh, nach all dem bin ich bereit für eine unglaubliche Anekdote die schwer ans Psychopathische grenzt. New York Times, erzähl doch mal, wie groß ist der Unterschied zwischen dem Beruf des Staabschefs des Weißen Hauses und dem Beruf des Serienkillers:

The best Rahm Emanuel story is not the one about the decomposing two-and-a-half-foot fish he sent to a pollster who displeased him. It is not about the time - the many times - that he hung up on political contributors in a Chicago mayor's race, saying he was embarrassed to accept their $5,000 checks because they were $25,000 kind of guys. No, the definitive Rahm Emanuel story takes place in Little Rock, Ark., in the heady days after Bill Clinton was first elected President.

It was there that Emanuel, then Clinton's chief fund-raiser, repaired with George Stephanopoulos, Mandy Grunwald and other aides to Doe's, the campaign hangout. Revenge was heavy in the air as the group discussed the enemies - Democrats, Republicans, members of the press - who wronged them during the 1992 campaign. Clifford Jackson, the ex-friend of the President and peddler of the Clinton draft-dodging stories, was high on the list. So was William Donald Schaefer, then the Governor of Maryland and a Democrat who endorsed George Bush. Nathan Landow, the fund-raiser who backed the candidacy of Paul Tsongas, made it, too.

Suddenly Emanuel grabbed his steak knife and, as those who were there remeber it, shouted out the name of another enemy, lifted the knife, then brought it down with full force into the table.

''Dead!'' he screamed.

The group immediately joined in the cathartic release: ''Nat Landow! Dead! Cliff Jackson! Dead! Bill Schaefer! Dead!''

Toss in a deeply uncomfortable but funny line about cementing his assistant's asshole shut, and you've got Gold, baby.
Gold ist zufällig der Nachname einer Figur in der TV-Serie Entourage, die auf Rahms Bruder Ari basiert. Alle drei, Ari, Rahm und TV-Figur teilen eine hyperaktive Intensität wie man sie nur von jüngeren Brüdern einer hocherfolgreichen Karrierefamilie kennt.



Wie nahe ist das durch die TV Serie dargestellte Arschloch-Level am lebenden Vorbild? Nur soviel sei verraten: Rahm Emanuel hat seinem Bruder mitgeteilt, dass er die Fernsehversion von ihm besser leiden mag als ihn selbst.

Aber was sagt uns das über den President Elect (sind das nicht die zwei schönsten Worte der englischen Sprache? derzeit kommt es mir so vor): Barack Obamas zweite große Personalentscheidung, nach der Wahl von Joe Biden als Vizepräsident, zeigt dass Obama sehr genau weiß, was er kann und, noch wichtiger, was er nicht kann. Rahm ist Mafiaschläger, dessen Job es ist, sich dort die Hände schmutzig zu machen, wo Engelszungen nicht mehr weiter helfen. Der böse Cop, der die Verbrecher in die weit ausgebreiteten Arme des guten Cops jagt. Eine Waffe wie Rahm ist gut im Arsenal zu haben. Wenn Obamas Fähigkeit, gegensätzliche Standpunkte durch Verständnis und schöne Worte zu vereinen, an ihre Grenzen stößt, kommt Rahm ins Spiel und prügelt die verfeindeten Parteien an den Verhandlungstisch.

Und außerdem sagt es uns, dass Obama der Unterhaltungsindustrie ein Leckerli hinwirft. Er weiß, dass Komiker bisher noch nichts verlässlich witziges an seiner Person gefunden haben, auf dass sie zwei Amtszeiten an Humor bauen können, wie es bei Bush und Clinton kriminell leicht war. Dank Rahm Emanuel ist zumindest garantiert, dass der unausweichliche Kinoverfilmung von Obamas Geschichte eine schillernde Nebenfigur haben wird.

Mittwoch, 5. November 2008

Amerikas Tränen

Colin Powell ringt mit der Rührung:

http://edition.cnn.com/video/#/video/politics/2008/11/05/colin.powell.reaction.cnn
(interviewt von Guido Westerwelle)

Was das Gewicht des eben Geschehenen auf mich zu tragen brachte: Als die hartgesottenen Politstrategen der Fernsehsender, afro-amerikanische Männer, die die Umfragen so gut kannten wie jeder andere und sich dennoch keine Sekunde gestatteten, den Traum laut auszusprechen aus Angst er könnte zerbrechen, als diese Männer, Zyniker von Beruf oder aus Selbstschutz, erlebten, dass es wirklich geschah, vor ihren Augen, und unnehmbar. Und die Mauern fielen und die Tränen in ihre Augen flossen und das glückliche Zittern in ihre Stimmen.

Aus dem Mund des nächsten Präsidenten

"Ich halte diese Debatten nicht für ein gutes Format für mich. Das macht mich vorsichtiger. Oft fühle ich mich von den Fragen eingezwängt und ich denke bei mir: 'Weißt du, das ist eine dumme Frage, aber lass mich versuchen sie zu beantworten.' Wenn also der Moderator mich fragt, was ich ich persönlich für die Umwelt getan habe, dann sage ich so was wie 'Naja, ich habe ein paar Bäume gepflanzt.' Und er sagt, 'Ich meine in ihrem Alltag.' Und was mir dann durch den Kopf geht ist: 'Naja, die Wahrheit ist, wir können Globale Erwärmung nicht lösen weil ich eine verfickte Glühbirne in meinem Haus austausche. Wir schaffen es nur alle zusammen.'"
- Barack Obama

Die Schattenseiten

Im Jubel eine Mahnung: Es gibt unbeleuchtete Straßen in der Stadt auf dem Hügel, Amerika ist ein fortschrittliches Land das zur Hälfte in der Vergangenheit feststeckt, ein guter Mensch untrennbar vernabelt mit seinem bösen Zwilling, ein Traum im Kern einer fehlerhaften Welt.

Am gleichen Abend, an dem Obama zum Präsident gewählt wurde, auf den gleichen Wahlzetteln, die den ersten Schwarzen ins Weiße Haus schickten, erklärt Arizona die Schwulenehe für illegal und verbietet unverheirateten Paaren Kinder zu adoptieren. Und selbst im demokratischen progressiven Kalifornien, blauestem der blauen Staaten, stimmen die Leute dafür, Homosexuellen das Recht auf Glück, Partnerschaft und Familie per Gesetz zu nehmen.

Es ist ein schmaler Grad zwischen Ideal und Wirklichkeit, Streben und Sein, Traum und Erwachen, Hoffnung und Zweifel. Aber es ist wichtig den Traum laut auszusprechen, denn ohne ihn wie wüssten wir wie weit die Wirklichkeit hinter dem Wünschenswerten zurückbleibt.

Dozentengespräch auf Hope

Dozent: "Entschuldigen Sie die Verspätung. Die Bahn hatte mal wieder Probleme. Haben Sie lange auf mich gewartet?"
Student: "Wir sind diejenigen, auf die wir gewartet haben."
D: "Interessant. Und wie sind Sie hergekommen?"
S: "Hoffnung! Hoffnung ist es, die mich herbrachte."
D: "Äh, okay, dann können wir ja ihre Hausarbeit besprechen."
S: "Ja - wir - können!"
D: "Hier sehen Sie, ich habe die Fehler mal in rot angestrichen und alle anderen Anmerkungen sind in blauer Schrift---"
S: "Es gibt keine roten Anmerkungen und blauen Anmerkungen. Es gibt nur die vereinigten Anmerkungen des Professors. Die Worte fließen aus roter Tinte und aus blauer Tinte aber sie werden zusammen geschrieben und zusammen gelesen und manche wurden zusammen gelöscht denn sie stehen auf der gleichen stolzen Seite."
D: "Bevor ich Ihnen den Schein ausstelle müsste ich noch wissen, was ihr Hauptfach ist. Germanistik oder Anglistik?"
S: "Wir verehren einen großartigen Heine in der anglistischen Fakultät und wir haben wunderbare amerikanische Freunde in den germanistischen Seminaren."
D: "Ich trage mal Germanistik ein. Ihre Arbeit hat mich positiv überrascht, muss ich sagen. Das Thema war doch eine Veränderung gegenüber Ihren früheren Arbeiten."
S: "Die Zeit zur Veränderung war jetzt."
D: "Ich gebe Ihnen eine 1,3."
S: "Das ist Benotung, an die wir glauben können!"
D: "Ich glaube ich spreche besser an einem anderen Tag mit Ihnen. Heute gibt das nichts. Auf Wiedersehen."
S: "Danke und Gott schütze Sie und Gott schütze die Universität!"

An einem Tag wie diesem sind normale Gespräche unmöglich.

Katerstimmung, auf die gute Art

Betrunken vor Glück, besoffen an Geschichte. Aber es nützt nichts, ich muss los. An der Uni wartet ein Dozent auf mich zwecks Besprechung einer Hausarbeit. Ich hoffe die Note fällt gut aus, denn wenn nicht sähe das selige Lächeln in meinem Gesicht wirklich fehl am Platze aus.

Später mehr.

Gratulation

Glückwunsch, Amerika. Glückwunsch, Welt. Und Glückwunsch, Barack Obama, für die vielen neuen grauen Haare die die nächsten vier bis acht Jahre bringen werden.

Die Stadt auf dem Hügel

An diesem Abend, als die Welt zusah, strahlte sie.

Dienstag, 4. November 2008

A More Perfect Union

Chipstüte in der rechten Hand, Fanta in der linken - alles ist perfekt vorbereitet um die US-Wahlnacht live mit den Zehen auf der Tastatur mitzutippen.

(23:47 Uhr) Es begann auf den Plantagen Amerikas und es führt uns über den Sohn eines Schwarzen - geboren in eine Zeit als Kinder Afrikas aus freiem Willen in die USA zogen, angelockt durch Amerikas Versprechens für die Zukunft, trotz der dunklen Erbsünde ihrer Vergangenheit - schlussendlich in das Weiße Haus. Gewinnt Barack Obama die Präsidentschaft, ist dies das Ende der Geschichte? Ja. Es wird auch danach noch Spannungen geben, so wie in einem Liebesfilm die nächste Auseinandersetzung direkt nach dem Abspann lauert und die wirklichen Probleme erst nach der Hochzeit anfangen. Aber dies ist der Kuss. Der erste, letzte, wunderbare, alles versöhnende Kuss.

(1:01) Erste Wahlsiege des Abends. Vermont für Obama und Kentucky für McCain. So weit, so vorhersehbar.

(1:58) CNN gibt South Carolina an John McCain. Aber wir kennen den Präsidenten der Herzen: Stephen Colbert.

(2:02) Die große Westliche Welle. Obama räumt die Küste ab, mit Massachusetts 12 Wahlmännern, Illinois 21, Conneticuts 7, New Jerseys 15, Maines 4, Delawares 3, Marylands 10 und D.C.s 3. McCain tröstet sich mit Oklahomas sieben Wahlmännern. Florida und Pennsylvania sind die großen Preise die in der Schwebe hängen.

(2:06) MSNBC spricht Pennsylvania Obama zu. CNNs Karte stimmt optimistisch. Florida schaut ebenfalls gut für das blaue Team aus, aber niemand wagt nach 2000 noch Florida früh für eine Partei zu projezieren. Dies könnte der frühe Todesschuss für McCains Kampagne sein.

(2:20) Lo, there do I see the line of my people back to the beginning. Barack Obamas Großmutter füllte vor ihrem Tod ihren Wahlzettel aus. Ihre Stimme wird gezählt werden.

(2:31) Zweimal ist genug. New Hampshire verweigert McCain das dritte Comeback nach den republikanischen Vorwahlen 2000 und 2008 und entscheidet sich für Barack Obama. Du hättest es wie Hillary machen sollen und eine Träne rausdrücken, John.

(2:40) CNN schiebt Pennsylvania ebenfalls in Obamas Ecke. Das war's fast schon. McCain könnte jetzt spontan einen Herzanfall erleiden, verbunden mit einem Neuausbruch seines Hautkrebses, sich mit Benzin übergießen, in Brand stecken, aus dem Fenster eines Hochhauses in einen Kampfhelikopter springen, der ihn nach Afghanistan fliegt, wo er alleine und unbewaffnet in die pakistanische Grenzregion vorstößt um Osama Bin Laden mit eigenen Händen zu erwürgen und seinen Kopf nach Amerika zu bringen ... und seine Chancen das Unternehmen zu überleben stünden höher als seine Chancen das Präsidentschaftsrennen zu gewinnen.

(3:05) Blau, blau, blau sind alle meine Staaten. Arizona, die Heimat von John McCain, ist ein enges Rennen, zu eng um einen Sieger zu benennen.

(3:28) Ohio goes Obama. Mit Ohiobama und Pennsylvania im Sack sind die magischen 270 (und mehr) nur eine Frage der Zeit für Präsident Barack O.

(3:46) New Mexicobama! Und Florida so gut wie für Obama, obwohl sich noch keiner traut es laut auszusprechen. Es gibt keinen Weg mehr für McCain auf 270 zu kommen.

(4:12) Kommentar des Abends vom Republikaner Bill Bennett auf CNN: "All we need is 9 votes on the Supreme Court and we can pull this one off."

(4:58) Obama gewinnt Virginia. Einen Staat, in dem er als Bastard geboren worden wäre, weil Ehen zwischen Weißen und Schwarzen nicht anerkannt wurden. Vom Bastard ins Weiße Haus.

(4:59) 60 Sekunden bis Geschichte passiert.

(5:00) Barack Obama ist zum neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika gewählt.

(5:04) Yes, we can. (dance in the streets, hug the world, and wipe the tears from our eyes)

(5:05) Signed. Sealed. Delivered. He's yours, America. He's yours.

(5:19) McCains Anhänger: abscheulich bis zum Schluss.

(5:30) McCain ist eine traurige Figure vor den hässlichsten Splittern einer zerschlagenen Partei.

Und jetzt zur Feier. Obamas redet.

"While we breathe, we hope."

Einen Tag zu wenig

Madelyn Lee Payne Dunham, Barack Obamas letzte verbliebene Elternfigur, starb am Vortag der Präsidentschaftswahl. Sie lebte nicht mehr lange genug, um zu sehen, wie der Enkel, den sie in einer Zeit aufzog, zu der die Ehe ihrer Tochter zu einem schwarzen Mann in vielen Staaten der USA als illegal galt, das höchste Amt des Landes erklimmt. Der Traum, nach dem die Sehnsucht Jahrhunderte überspannt, und den so viele seit Generationen erhoffen und doch noch jetzt, in diesem Moment, kaum auszusprechen wagen, aus Angst er könnte ihnen genommen werden, den Traum, der ein Land verändert, und den mit eigenen Augen zu sehen sie mehr verdiente als die meisten, war ihr nicht vergönnt, so ist es an uns, ihn an ihrer Stelle zu bekräftigen.

Wir sind glücklich am Leben zu sein und Geschichte zu fühlen.

Montag, 3. November 2008

Der Herr der Stürme

Obama - Walking on Sunshine:
Obama has had the most fun with Dick Cheney, who recently said he was "delighted" to endorse John McCain. "You've never seen Dick Cheney delighted, but he is," Obama told a crowd here, chucking to himself. "It's kinda hard to picture, but it's true." He went on to congratulate McCain. "He had to work hard for it!" The rain started pouring in the middle of his Cheney routine, but Obama didn't miss a beat. "Did you notice that it all started when I started talking about Dick Cheney? We've been through a nation of storms but sunshine is on the way."

Samstag, 1. November 2008

Anti-Anti-Amerikanismus

Kein ganz uninteressantes Blog.

Ich bin mir unseins, ob das Augenmerk auf Titelcover günstig ist. Die deutsche Toleranzschwelle über Satire und Übertreibung in Bild ist höher als die der amerikanischen Öffentlichkeit. Wir nennen Politiker der gegnerischen Partei nicht Terroristen oder Landesverräter, aber es ist völlig normal höchste Repräsentanten des Landes mit dem Kopf im Arsch zu zeigen. Die Polemik auf den Stern und Spiegel Covern fällt da gar nicht auf. Ich bin versucht die angeprangerten deutschen Cover in eine Reihe mit dem des New Yorkers zu stellen und die Sache zu vergessen, andererseits gäbe ich damit das Recht auf, mich über den Axis of Weasels Cover der New York Post aufzuregen, welches ich gerne behalten würde. Die Medienkritik Seite hat ihren Nutzen, und sei es bloß als Übung um die Augen für das zu schärfen, was einem direkt vor der Nase liegt.

Dies ist ein vernünftigerer Erklärungsversuch:

Interesting thought experiment: What if you were a foreign correspondent...?

Imagine you are an American correspondent in Germany. You are encouraged by your editors to report only the most extreme, outrageous, strange and dark sides of German society. Your publication chooses to ignore the 97% of issues that bring Germans and Americans together and instead focus on the 3% that most divide the two nations - such as attitudes towards prostitution, social welfare, guns, etc. This seedy sensationalism sells - and that is exactly what your editors are after. For that reason, they also strongly encourage you to write whatever you can on Neo-Nazi violence - not because the issue is genuinely troubling - (and it is) - but because it brings good ratings and reaffirms your readership's dark stereotypes of the Vaterland.

Beyond that - your editors oblige you to bring stories only on a narrow band of pet issues that they have predetermined are of "interest" to the readership. (In fact, you may have been specially selected for your job because you have a an ideological propensity to dislike Germany and favor stories that make Germany look bad.) When you arrive in Berlin, you discover that Germany isn't quite the awful place you expected and - because you are a free spirit - the urge is great to report on the many complex aspects of German society. Predictably, however, your editors discourage any independent ideas that might shed a different (you might say balanced) light on things.

The pet issues and big politics are all they want. In particular, the editors want to demonstrate that Germany is a nation infatuated with pornography, cursed by extreme alcoholism and blighted by racist attitudes towards non-Germans. Every other week - if things are slow - the boss pressures you to bring a story on another hopeless unemployed wretch in East-Berlin desperate to get out of the country. He just won't publish your more "upbeat" stories or even critical stories that fall outside the narrow band of pet issues.

The editors supplement your work by sprinkling-in stories cut-and-pasted from news wires on Germans behaving badly worldwide. You eventually realize that intellectual honesty takes a distant backseat to the pet-issue template devised by your editors. Making Germans and Germany look bad at all costs - to reaffirm the stereotypes and political leanings of readers - is no longer something you can question without risking your job.

Not surprisingly, the most "self-critical" Germans - those with a particular talent for shamelessly bashing their own nation and people - are held up as heroic dissenters and showered with awards by your publication and others like it.

Finally - because quite a few other publications share the same general ideology of your own and follow the same pattern of reporting - it is not beyond the pale for your editors to proclaim that you represent the "mainstream" of American media and that you are largely fair and unbiased in reporting on Germany.


Ich würde hinzufügen, dass die Gemeinsamkeiten zweier Kulturen zu besprechen generell weder spannend noch erhellend ist, und wäre ich Reporter in einem fremden Land würde auch ich die Unterschiede aufspüren, in deren Licht wir wir unsere eigene Identität zur Obduktion offenlegen.

Freitag, 31. Oktober 2008

Ergänzung zum Exkurs zum Esoterischen

Ich habe die Studie schon gestern verlinkt, aber hier noch einmal die entscheidende Grafik. So funktioniert das Sprechen mit Toten:


Ein großer Teil des Erfolgs besteht aus Statistiken. Schmerzen in Brust oder Kopf stellen aus gutem Grund die erste Anlaufstelle für Vermutungen zur Todesursache dar; diese zwei Bereiche decken 90% aller Verstorbenen ab. Zwei Tipps, mit beinahe hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit richtig zu liegen, und das Medium riskiert in den meisten Fällen maximal einmal falsch zu raten. Kommt auf "Ich spüre einen Schmerz im Brustbereich" eine positive Rückmeldung vom Kunden ist der naheliegende Verdacht Lungenkrebs, sofern das Opfer rauchte (kannst du beim Kunden und somit einem engen Verwandten der verstorbenen Person eine Zigarette entdecken?), und andernfalls ein Herzleiden. Trifft "ein seltsames Gefühl im Kopf" zu, dann ist möglicherweise ein Tumor schuld, oder der Verstorbene war nicht mehr ganz klar bei sich, soll im hohen Alter ja nicht selten vorkommen.

Ein großer Teil des Erfolgs besteht aus Statistiken, das andere Geheimnis ist der gesunde Menschenverstand. Es ist auffällig, dass viele Tipps, die danebengehen, solche sind, die aus ganz logischen Schlussfolgerungen bestehen. Der Kunde ist ein kräftig gebautes Kerlchen? Nun, der Vater, dessen Geist hinter ihm steht und ihm die Hand auf die Schulter legt, spüren Sie es?, ist sehe ich einen großen Mann. Oder noch allgemeiner: Der Vater wirft noch immer einen großen Schatten auf den Sohn. Das kann man sich im Geiste so zurecht konstruieren, selbst wenn der Vater unerwarteterweise von kleinerer Statur war. Für jeden Mann, der einmal Junge war, ist der Vater immer eine überragende Figur, wir erinnern uns an die Zeit als wir Kinder waren.

Es gibt im Groben zwei Sorten von Menschen, die Kunde bei einem Medium werden: 1) Menschen, die glauben wollen, weil sie sich von den Toten eine Botschaft ersehnen, die sie von ihrer Trauer erlöst, in diesen ist der Wunsch nach Trost so groß, dass das Medium nur den geringstmöglichen Beweis erbringen muss, damit sie sich erlauben können, ihren Schmerz zu stillen. 2) Beinharte Skeptiker, die eigentlich nicht an Geister und Engel glauben, aber von einer erstaunlichen, unerklärlichen Aussage des Mediums aus den Socken gehauen werden. Aufklärung über die Methoden falscher Hellsichtiger hilft nur der zweiten Gruppe. Die erste wird glauben, allen Beweisen zum trotz.

Für die zweite Gruppe allerdings ist es mit Bildung möglich, sich gegen Ausbeuter zu schützen, so wie man auch die Zaubertricks eines Bühnenmagiers erklärt. Es braucht nur das Wissen um die Tricks, nicht das Können, das Talent, das Training, sie umzusetzen - und ja, die besten Medien sind verflucht gut, in dem, was sie tun. Ich kann dir sagen, wie der Magier die Münze aus seiner Hand in den Ärmel verschwinden lässt, auch wenn ich selbst nicht die Fingerfertigkeit besitze, es dir vorzumachen.

Eine kleine Exkursion zum Esoterischen

Angeregt von Domians mitternächtlicher Plauderrunde die im Hintergrund läuft: Ich würde nur kurz für mehr Skepsis im Umgang mit Medien appellieren. Die Ich-kommuniziere-mit-den-Toten Medien; nicht die Medien über die Marcel Reich-Ranicki schimpft. Selbst Menschen, die an Übersinnliches glauben, würden zustimmen, dass da draußen eine Menge Scharlatane rumlaufen und das zahlenmäßige Verhältnis von echten Wahrsagern zu Täuschern drastisch zu Ungunsten der ehrlichen Vertreter ausfällt. Unter solchen Verhältnissen ist Skepsis die einzig vernünftige Vorgehensweise gegenüber einer Dienstleistung, für die man gutes Geld bezahlt.

Wenn ein falsches Medium eine Aussage trifft, die eine Erklärung erfordert - viele begnügen sich damit, dem Kunden zu erzählen, was er sich zu hören wünscht, und solche erfordern überhaupt keine Erklärungen - wann immer ein Medium eine erklärenswerte Aussage trifft, folgt es bestimmten Mustern: Fischen nach Informationen, Auswerfen von Ködern wie Anfangsbuchstaben von Namen, eine Reihe von Fehlaussagen gefolgt von einer verblüffenden Offenbarung, Bezüge auf Schmuck des Verstorbenen, Todesursachen die mit Brust oder Kopf zusammenhängen. Nach diesen Mustern kann man Ausschau halten und wo immer sie auftreten verraten sie den Scharlatan.

Es ist wie mit Magiern. Sie spielen ihre Show mit Bühnenbildern, Vorhängen, Kisten, Spiegeln, Kameras, Assistentinnen, Rauch und Lichtern. Echte Magie bräuchte keine Tricks. Wäre David Copperfield ein wirklicher Zauberer, müsste er die New Yorker Freiheitsstatue nicht erst hinter einem riesigem Tuch verhüllen. Er würde einfach mit dem Finger schnippen und die Statue verschwände vor aller Augen.

Spräche die Hellseherin tatsächlich mit dem Geist deines verstorbenen Großvaters, müsste sie dann wirklich hinter Schleiern arbeiten?

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Geschichte leben

Die Sorte Meldung, die einem die Größe des Geschehens in einem kristalltränenem Augenblick klar macht:

Amanda Jones, 109, the daughter of a man born into slavery, has lived a life long enough to touch three centuries. And after voting consistently as a Democrat for 70 years, she has voted early for the country's first black presidential nominee.

Dazu der Erlebnisbericht eines Frühwählers:

For me the most moving moment came when the family in front of me, comprising probably 4 generations of voters (including an 18 year old girl voting for her first time and a 90-something hunched-over grandmother), got their turn to vote. When the old woman left the voting booth she made it about halfway to the door before collapsing in a nearby chair, where she began weeping uncontrollably. When we rushed over to help we realized that she wasn't in trouble at all but she had not truly believed, until she left the booth, that she would ever live long enough to cast a vote for an African-American for president. Anyone who doesn't think that African-American turnout will absolutely SHATTER every existing record is in for a very rude surprise.

Eine amerikanische Trilogie: Traum versprochen. Traum erhofft. Traum erfüllt.

Mittwoch, 29. Oktober 2008

375 ungelegte Eier

Noch eine Woche bis Barack Obama die Wahl gewinnt. Der nächste Dienstag und eine lange Zeit danach wird dichterischen Lobpreisungen von Obama gehören. Aber in den letzten sechs Tagen bis dahin würde ich gerne den exakten Zeitpunkt erfahren, in dem John McCain die Präsidentschaft verlor. Die Liste der Verdächtigen ist zweifelsohne unkurz.

War es das starke Fundament der Wirtschaft, das Platzen der Kreditbankenblase, die erste Debatte, die zweite, die dritte, der Da, die Irrfahrt nach Washington und das Platzen des Finanzpakets, die Wahl von Sarah Palin oder Obamas Entscheidung gegen öffentliche Gelder, Troopergate, die Brücke nach Nirgendwo, die Bush-Doktrin, das Couric-Debakel, Läster-Letterman über John den Lügner, Ayers ja Wright nein, die 150.000 Dollar Garderobe ... der Name Sarah Palin taucht häufig auf und Palins Implosion alleine hätte gereicht, McCains Umfragewerte nach unten zu ziehen, aber der Kollaps von Fannie Mae, Freddie Mac und den Gebrüder Lehman verbunden mit McCains Reaktion führten zu einem Erdrutsch.

Durch die Umstände von Obamas Sieg wird der Mythos vom Triumph der Geldnot über den Rassismus (leerer Geldbeutel > leerer Kopf) fruchtbaren Boden finden. Und vielleicht ist es gut und Recht, dass John McCains zu Fall gebracht wird von George W. Bushs letztem vernichtendstem Vermächtnis - die selbstgemachte Kreditkrise hat die den Kapitalismus in einen tieferen Graben gestürzt als der Anschlag auf das World Trade, ein Angriff, vergessen wir nicht, der neben dem langfristigen Ziel unmittelbar dem Herzstück der westlichen Wirtschaft galt.

Die Oktoberüberraschung gab es dieses Jahr früher.

Dienstag, 28. Oktober 2008

Die Unverfrorenheit zu träumen

Barack Obama kehrt heim zu hochfliegenden Worten.



Nur diesmal sind sie in der harten Realität verankert. Die luftigen rhetorischen Höhen brachten Obama ins Scheinwerferlicht, seitdem verbrachte er eine lange schwere Kampagne damit, Fleisch auf den silbernen Tellern zu legen, gewürzt mit dem Salz der Erde, und lernte durch die jüngste Krise mit gleicher Überzeugung und Überzeugungskraft über die Wirtschaft zu sprechen. Im Endspurt des Rennens ins Weiße Haus sind Obamas Reden der ersten Tage zurück, voller Inspiration, jetzt fest verwurzelt in ehrlichem, dunklem Boden, und somit gewaltiger denn je.

Der fließende Übergang von lebensnahen Alltagssorgen zu überschwebenden Ideal dieses Paragraphen ist stellvertretend für das Ganze:

In one week, we can choose an economy that rewards work and creates new jobs and fuels prosperity from the bottom-up. In one week, we can choose to invest in health care for our families, and education for our kids, and renewable energy for our future. In one week, we can choose hope over fear, unity over division, the promise of change over the power of the status quo. In one week, we can come together as one nation, and one people, and once more choose our better history.


Es ist leicht zu vergessen, weil es so fern liegt, dass zu dem Zeitpunkt, als Barack Obama seinen Aufstieg zu nationaler Größe begann, über den amerikanischen Traum zu reden ohne zynisch zu sein ebenso unmöglich schien wie das kleine Wort Hoffnung in den Mund zu nehmen ohne dass sich dabei die Lippen zu einem verschämten Lächeln verzogen. Aber er schaffte es trotz allem.

Träumen, Hoffen, Wünschen sind allzuleicht Klischees, doch wir müssen uns erinneren, dass nach acht Jahren Bush und den schmutzigen Lügen, die John Kerry zu Fall brachten, die Entscheidung an das Gute im Menschen zu glauben, das größte Wagnis darstellte, das ein schwarzer Mann mit muslimischen Namen eingehen konnte.

Wer weiß, was seine Präsidentschaft bringt. In vier oder acht Jahren mag Hoffnung erneut eine enttäuscht, peinlich, oder verachtungsvoll gemurmelte Phrase sein. Im Hier und Heute ist eines klar: In Barack Obamas schicksalshaft anmutender Bestimmung, gegensätzliche Standpunkte, Geschichten, Identitäten miteinander zu verschmelzen und darin ein größeres Thema zu findet, das verbindendet, liegt Amerikas letzte, beste Hoffnung, für die Welt wichtig zu bleiben.

Know Hope.

Montag, 27. Oktober 2008

Die Arroganz der Machtlosen

George Packer vergleicht in seinem Blog Interesting Times (nach dem Fluch "May you live in interesting times.") irakische und republikanische Verschwörungstheorien und stößt dabei auf den Spross, aus dem alle Verschwörungstheorien wachsen:

Wading for a few minutes through the sewage of these Web sites reminds me uncannily of the time I’ve spent having political discussions in certain living rooms and coffee shops in Baghdad. The mental atmosphere is exactly the same—the wild fantasies presented as obvious truth, the patterns seen by those few with the courage and wisdom to see, the amused pity for anyone weak-minded enough to be skeptical, the logic that turns counter-evidence into evidence and every random piece of information into a worldwide conspiracy. Above all, the seething resentment, the mix of arrogance and impotent rage that burns at the heart of the paranoid style in politics.

Da ist die Kraft hinter Verschwörungstheorien auf den Punkt gebracht. Die Arroganz des Einzelnen, er allein verfüge über den Schlüssel, die Welt zu erklären, gepaart mit der unerträglichen Hilflosigkeit, einem fremden Willen ausgeliefert zu sein. Samen und Wasser - ich bin nicht sicher, welches was ist, aber so viel steht fest: Die Saat ist furchtbar fruchtbar, und sie schlägt hässliche Triebe, ob auf den Straßen Bagdads gegen die USA oder auf National Review Online gegen Barack Obama gerichtet. Wer nicht die Macht besitzt, den Lauf der Dinge zu verändern, dem bieten Verschwörungstheorien den zweifachen Vorteil, das Undurchschaubare zu erklären und gleichzeitig das Individuum selbst in seiner Machtlosigkeit zu einem Gefühl der Stärke zu erheben. Zwar steht man gegen Kräfte, die größer sind, als man selbst, aber man ist nicht klein - denn man versteht wie diese Kräfte funktionieren, und das reicht, um sich über sie zu stellen.

Als kostenloses Extra liefern Verschwörungstheorien die Entschuldigung, warum der Kampf ihrer Verfechter scheitern muss, gleich mit. Die Gläubigen sind weise und klar und mutig, aber sie sind die Ausnahme. Der Rest der Welt ist gegen sie, weil alle anderen Menschen entweder böse oder dumm sind. Somit ist eine Niederlage niemals ein Grund, Meinungen, Schlussfolgerungen oder Vorgehen zu hinterfragen und das Ausbleiben eines Erfolges garantiert, dass man niemals ohne Schnuffeltuch auskommen muss und die Machtlosigkeit ein Leben lang hält.

Donnerstag, 23. Oktober 2008

IfritInside

Soeben habe ich also das Fazit zu einer Hausarbeit geschrieben bevor ich mit dem Hauptteil angefing. Das ist normalerweise kein gutes Zeichen, aber in diesem Fall habe ich das Gefühl genau zu wissen, was ich tue (was ich tun werde).

Die Arbeit trägt den Titel "Der Dschinn in der post-modernen Literatur - Dekonstruktion eines Wunscherfüllers" und untersucht, warum die Flaschengeister von Heute konsequent die Arbeit verweigern und was das mit Microsoft Windows zu tun hat. Eine Welt, die den Computer erfunden hat, besitzt einfach keinen Platz mehr für magische Helfer, die zuverlässig so funktionieren wie es in der Gebrauchsanleitung versprochen wurde.

Dschinns, die nicht den eigentlich bekannten Regeln gehorchen wollen, sind mittlerweile fast Klischee. Kaum ein vermeintlicher Glückspilz kriegt mehr den Satz "Und als ersten meiner drei Wünsche wünsche ich mir..." ohne vom Dschinn unterbrochen zu werden: "Wünsche? Ich erfülle keine Wünsche. Keine Ahnung, was du gehört hast, Junge, aber so läuft das nicht."

Die Dekonstruktion des Wünscheerfüllers ist tief in unsere Kultur eingedrungen, und ich meine tief. Ich meine, wenn eine post-moderne Interpretation es soweit geschafft hat, dass sie in Pornos auftaucht, hat sie es geschafft.

Nein, kein Scherz.

Und Jawohl, das Beispiel des eigenwilligen Pornodschinns erwähne ich an dieser Stelle nur deswegen, weil ich es in der Hausarbeit nicht verwenden kann.

Freitag, 17. Oktober 2008

Gottschalks Zynismus und Aspektes Hochnäsigkeit

"Es gibt Qualität im deutschen Fernsehen", dieses Zugeständnis ist Thomas Gottschalk froh, Marcel Reich-Ranicki abzuringen, allerdings nicht ohne Zusatzklausel: "Wenn man danach sucht!"

Wenn man danach sucht, gibt's Qualität freilich überall zu finden. Und wenn man gezwungen ist zu suchen, sucht man besser online. Dort ist es benutzerfreundlicher, dank Suchmaschinen, und hat höhere Aussichten auf Erfolg, denn abseits der, von Gottschalk lamentierten, 17-jährigen, die über Hunde auf Skateboards lachen, nutzen intelligente Erwachsene die Möglichkeiten des Webs um Erstaunliches auf die Beine zu stellen. Das durchaus vorhandene Angebot an hochwertigem Fernsehen ist nicht die Trumpfkarte, für die Gottschalk sie hält. Der Fakt, das auf der Menükarte auch ein Salat angeboten wird, rettet McDonalds nicht gegen den Vorwurf ein Fast Food Restaurant zu sein. Darüberhinaus passt die Entschuldigung nicht zum Vergehen.

Das ganze Dilemma der deutschen Fernsehlandschaft besteht nämlich nicht darin, dass keine Qualität zu finden wäre. Das Dilemma besteht darin, dass Anspruch und Unterhaltung streng voneinander getrennt gehalten werden. Bildungsfernsehen darf keine dummen Witze machen, aus Angst davor, das blaue Adelsblut mit dem des niederen Pöbels zu verwässern, und hirnloser Massenware ist auf Strafe verboten, einen Satz auszusprechen, der aktives Mitdenken erfordert, weil Zuschauer das TV-Gerät abschalten sobald sie das Gehirn einschalten und umgekehrt. Verstößt ein Format gegen eine dieser Regeln wird es abgesetzt ehe die Quoten veröffentlicht sind.

Die Mauer in den Köpfen zwischen Hochkultur und Gossenkultur ist eine typisch deutsche Krankheit. Beispiel Comedy. Da gibt es entweder politisches Kabarett, das vor 40 Besuchern spielt, oder klischee-dreschende Stand-Up Acts, die Fußballstadien füllen. Und dazwischen nur ganz wenige wagemutige Grenzgänger. Ausgerechnet das ignorante Hollywood-Amerika beweist regelmäßig das Gutes rauskommt, wenn man sich traut, Unterhaltung und Intelligenz zu vermischen. Immer daran denken, Shakepeare riss die schlimmsten Zoten über Fürze und Fladen in ganz England.

Es gibt so etwas wie kluge Unterhaltung und zugängliche Bildung. Es fällt schwer, das zu glauben, denn echte, lebende Vertreter dieser Gattungen sind im Fernsehen schwer zu finden. Dafür wird der Bildschirm überschwemmt mit diesen zwei Arten: langweiliges Entertainment und banale Informationen. Die Doppelzüngigkeit der Medienmacher, die mit der einen Hand Schund produzieren und sich mit der anderen Hand auf die Schulter klopfen, wann immer sie es schaffen die kleinste Ladung Qualität am Zuschauer vorbei auf Sendung zu schmuggeln, basiert auf einer einzigen Annahme: Jeder Deutsche zwischen 14 und 49 hat zwischen den Ohren nichts als Grütze und leere Luft.

Das ist der Zynismus von Thomas Gottschalk - Die Leute wollen nur Titten, Witze und Sensationen. Es fällt nicht schwer zu verstehen, wie das quotengesteuerte Fernsehen seine Macher zu Menschenfeinden erzieht.

"Ich hasse die Menschen und was ich mache, das Fernsehen, das Programm, die Zuschauer, ich hasse hasse hasse die Dummheit und die Geilheit und die Gier und die Verlogenheit und alles, das mir erlaubt, den Job zu behalten, für den ich bezahlt werde, und das Leben zu führen, das ich genieße, JA, ich verachte jede einzelne Person, die schuld daran ist, das aus mir geworden ist, was ich bin. Jeden einzelnen Zuschauer, der meine Sendungen guckt. Aber ich liebe Geld und daher werde ich weiterhin genau das gleiche tun wie bisher."

Man kann die selbstverliebten Wehklagen der Schrottproduzenten und Müllmoderatoren förmlich hören. Die Verfechter der flimmernden Hochkultur sind nicht besser. Das demonstrierte das ZDF netterweise durch die Sendung direkt im Anschluss an die Sondersendung zur Medienschelte des Literaturpapstes.

Wir sorgen für Qualität im Fernsehen, verkündete Aspekte. Und machte sich sogleich daran, absolut nichts von Bedeutung von sich zu geben. Ein Beitrag über Amazons Kindle - ein interessantes, würdiges Thema, zu dem Aspekte nur altbekannte, zehnmal vorher und fünfmal besser vorgekaute, hilflos romantische, hoffnungslos vergangenheitsverbundene, hemmungslos unkritische, herausforderungslos beschwichtigende Schwafelei hervorbrachte. Wir bekamen die volle Dosis von allem, warum Bildungsfernsehen völlig zu Recht keine höheren Zuschauerzahlen zieht: Narzisstische Anspielungen die Zeit verschwenden, nutzloses Um-den-Punkt-Gerede und Masturbieren auf die eigene, vorgefertige, niemals in Frage gestellte Meinung.

Der Zuschauer, der Aspekte einschaltet, hatte vor dem Beitrag einen Standpunkt und wusste nach dem Beitrag so viel wie vorher: "Ich mag Bücher, ja-ja, und ich mag Bücherregale aus dunkler Eiche und das Gefühl von Papier und Leder und das Geräusch der Seiten beim Umblättern. Elektronische Bücher sind was für unkultivierte Banausen."

Ein komplettes Magazin, das sich dafür preist, den Zuschauer am Ende ein bisschen schlauer zu machen als er vorher war und sie sind vollkommen blind gegenüber dem großen Versprechen des Kindle, der Grund warum elektronische Bücher die Revolution einer Generation sein könnten: Der Kindle ist nicht nur ein Buch - er ist eine ganze Bibliothek. Eine Bibliothek, die in deine Hosentasche passt, abrufbar jederzeit und von überall.

Das ist genau so seichte Plätscherware zum Einlullen nach der Arbeit und vorm Schlafengehen wie frauensuchende Bauern und superstarsuchende Blödbirnen, nur für ein Publikum, das sich für was besseres hält. Selbst wenn es anders wäre und die Kultursendung etwas wichtiges zu sagen hätte, würde sie ausschließlich eine Minderheit erreichen, weil sie Einbildung zur Eintrittskarte macht und zu sehr damit beschäftigt ist, Seele und Schwanz des Bildungsbürgers zu streicheln, anstatt die Neugier neuer Zuseher zu wecken.

Innerhalb eines Abends also die anschauliche Demonstration der Wurzeln allen Übels, warum Kultur und Quoten nicht zusammenkommen: Thomas Gottschalk hält den durchschnittlichen Zuschauer für blöd - Aspekte glaubt, der durchschnittliche Zuschauer schaut ihnen nicht zu.

Ich würde den Fernsehmachern ein Rezept verschreiben. Wäre vielleicht hübsch, es mal auzuprobieren. Ein neuer Ansatz beim Fernsehmachen: Geht davon aus, dass eure Zuschauer intelligente, erwachsene Menschen sind, deren Zeit kostbar ist.

Falls nötig, tut so als ob. Belügt euch selbst, obwohl ihr es glaubt besser zu wissen. Wartet die Ergebnisse ab. Die meisten Sendungen bekommen die Zuschauer, die sie verdienen. Wer damit zufrieden ist, an den Affen im Menschen zu appellieren, braucht sich nicht wundern, wenn seine Zuschauerschaft aus Schimpansen besteht. Und Fernsehmacher dieser Art verdienen den gleichen Respekt, den wir den Arbeitern entgegenbringen, die im Affenhaus Scheiße kehren, aber bestimmt nicht mehr.

Ganz, ganz bestimmt keine Preisverleihungen.

Samstag, 11. Oktober 2008

Das Recht zu Leben, das Recht zu Sterben

Dan Savage tritt für Menschenwürde ein:

"No mask," she said, "no pain."

Her nurse promised to give her enough morphine to deaden any pain she might feel after my mother made her choice: She would take off the mask. She would go now. I told the doctor and then ran sobbing—no longer trying to hold it together—into the waiting room to get my stepfather, my sister, and my aunt. Things were worse than they were five minutes ago. Get in here, I said, get in here now.

We said our good-byes—doesn't that sound dignified? But her mask was still on and her body still convulsing. Good-byes reduced my affable stepfather to wracking sobs; good-byes sent me and my sister falling to the floor beside our mother's deathbed. We held a phone up to my mother's ear so she could hear one of my brothers shout his good-bye over the whir and thump of the oxygen machine, while we tried desperately to get my other brother on the phone.

. . .

Then my mother was ready. The mask came off, she held tight to our hands, and the morphine went in. Her grip slackened. My mother was still alive, in there somewhere, beyond our reach. Was she in pain? We don't know. She couldn't talk to us now, or focus on us, but she was awake, her eyes open. She gasped for breath, again and again, and we sat there, traumatized, waiting for her heart to stop, waiting for the very first sound that I had ever heard—my mother's heart beating—to go silent.

. . .

People must accept death at "the hour chosen by God," according to Pope Benedict XVI, leader of the Catholic Church, which is pouring money into the campaign against I-1000.

The hour chosen by God? What does that even mean? Without the intervention of man—and medical science—my mother would have died years earlier. And at the end, even without assisted suicide as an option, my mother had to make her choices. Two hours with the mask off? Six with the mask on? Another two days hooked up to machines? Once things were hopeless, she chose the quickest, if not the easiest, exit. Mask off, two hours. That was my mother's choice, not God's.

Did my mother commit suicide? I wonder what the pope might say.

I know what my mother would say: The same church leaders who can't manage to keep priests from raping children aren't entitled to micromanage the final moments of our lives.

. . .

If religious people believe assisted suicide is wrong, they have a right to say so. Same for gay marriage and abortion. They oppose them for religious reasons, but it's somehow not enough for them to deny those things to themselves. They have to rush into your intimate life and deny them to you, too—deny you control over your own reproductive organs, deny you the spouse of your choosing, condemn you to pain (or the terror of it) at the end of your life.

The proper response to religious opposition to choice or love or death can be reduced to a series of bumper stickers: Don't approve of abortion? Don't have one. Don't approve of gay marriage? Don't have one. Don't approve of physician-assisted suicide? For Christ's sake, don't have one. But don't tell me I can't have one—each one—because it offends your God.

Fuck your God.

Solange wir nicht selbst entscheiden dürfen, wie wir sterben, leben wir nicht in völliger Freiheit. Kein Staat der Welt hat das Recht, einem Menschen einen würdevollen Tod nach eigenem Willen zu verweigern.

Was das religiöse Argument anbelangt: Wem gehört mein Körper? Mir oder Jesus Christus? Freier Wille lautet das Zauberwort, nicht wahr? Haltet eure Bibel aus dem Gesetz meines Heimatlandes heraus. Eure ganze Theologie ist wertlos wenn ich nicht die Wahl habe mich gegen Gott zu entscheiden und meine unsterbliche Seele ins Höllenfeuer zu verdammen.

Menschenwürde ist keine Leihgabe eines höheren Wesens, kein geborgtes Gut, das jederzeit entzogen werden kann. Sie ist in uns, unveräußerbar, unser einziger innerer Besitz, von der Geburt bis aufs Sterbebett.

Freitag, 10. Oktober 2008

This is what they'll say of him: He started the fire. And he didn't fight it.

Wut ist das zweite Gesicht von Furcht. Und die Partei, die acht Jahre lang durch das Säen von Furcht Wahlsiege einfuhr, bleibt am Ende als Ernte nur Zorn. Zorn, der volle Kontrolle über die Gesichtsmuskeln der religiös-rechten Meute übernommen hat und eine hässliche Fratze zeigt: Sie rufen Barack Obama einen Terroristen, einen Landesverräter, einen Nigger, einen Kommunisten und sie geifern offen nach dem Tod des am meisten von einem Attentat gefährdeten Mannes der Vereinigten Staaten, dem wahrscheinlichen ersten schwarzen US-Präsidenten. John McCain und Sarah Plain widersprechen der Meute nicht. Bestenfalls dulden sie stillschweigend, schlimmstenfalls fachen sie bewusst an. Das ist was von den republikanischen Präsidentschaftshoffnungen übrig bleibt: Volksverhetzer und Hassstifter.

Misstrauen, Panik, Rufmord sind die Waffen des sterbenden Soldaten.

Der Plan hat keine Aussicht auf Erfolg. Er ist doppelt moralisch bankrott, weil McCains Kampagne die Gefahr für Obamas Leib und Leben in Kauf nimmt, obwohl sie selbst nicht glauben, dass das Spielen mit Furcht und Hass ihnen den Sieg bringen kann. Wo dann ist der Vorteil, wo ist der geringste Krümel eines Nutzens, der erlauben würde, diese abartige Demagogerie gerechtfertigt zu nennen geschweige denn verantwortungsbewusst?

John McCains über Jahrzehnte gehegter Ruf als ehrlicher Streit für Gerechtigkeit ist verdorben, ein Opfer von McCains eigener Machtgier und Blindheit. Dies ist McCains letzte Chance, das Richtige zu tun. Vorzutreten und "Stop" zu sagen. "Stop, das geht zu weit. Barack Obama ist ein ehrenwerter Mann. Er ist mein politischer Gegner - Er ist nicht unser Feind. Er liebt Amerika wie ich Amerika liebe und wie ihr Amerika liebt."

Wenn er jetzt nicht spricht, wird John McCain nicht als Opfer in die Geschichte eingehen, sondern als Täter.

Montag, 6. Oktober 2008

Emannzipation

Ein leichter Weg für Frauen so viel zu verdienen wie Männer:

Schilt and Wiswall found that women who become men (known as FTMs) do significantly better than men who become women (MTFs). MTFs in the study earned, on average, 32% less after they transitioned from male to female, even after the authors controlled for factors like education levels. FTMs earned an average of 1.5% more.

Mann-zu-Frau Transsexuell sind hingegen gut beraten, das Geld für die Operation vor dem Eingriff zu verdienen. Denn nach einer 1/3 Gehaltskürzung können sie die OP ganz bestimmt nicht mehr bezahlen.

Donnerstag, 2. Oktober 2008

Nichtraucherschutz

Das Vereinigte Königreich führt als eines der ersten europäischen Länder grausame Bilder auf Zigarettenpackungen ein. Ausgehend von den Erfahrungen mit Warnaufklebern und Kneipenverbot ist es nur eine Frage der Zeit, bis Deutschland dem Beispiel folgt.

Können wir offen reden? Ich warte gespannt darauf, dass wir die Anti-Nikotin Gesetze zum Standardvorgehen gegen alle gesundheitschädigende Produkte machen. Die Möglichkeiten für Motive sind endlos. Wo sind die Fotos von 200 Kilo Schwabbelärschen und speckigen Blubberbäuchen auf Chipspackungen? Von offenen Operationen an fettverstopften Herzaterien auf der McDonalds Tüte? Von einer an der Windschutzscheibe zerschmetterten Fußgängerleiche auf der Bierpulle? Wenn wir schon dabei sind lassen wir P.E.T.A. die Fleischtheke im Supermarkt mit Collagen von Tierkadavaern schmücken und aus Fairness gegenüber Abtreibungsgegnern geht die Pille nur noch mit Aufklebern von getöteten Föten über die Apotheke.

Nun?

Ich verstehe doch richtig, dass es nicht darum geht, die Menschen zu informieren, sondern darum, es ihnen unmöglich zu machen, wohlbekannte doch unangenehme Fakten beim Einkaufen aus dem Gedächtnis zu verbannen. Denn Raucher sind informiert. Sie haben die Möglichkeit, sich über die Folgen von Rauchen aus vielen verschiedenen Quellen zu informieren. Das ist alles, das Demokratie verlangt: Die Möglichkeit, informiert zu handeln. Ach ja, und die Freiheit, dass zwei Menschen aus ein und derselben Information zwei verschiedene Schlüsse ziehen. Freiheit bedeutet die Freiheit, schlechte Entscheidungen zu treffen. Denn die Freiheit, nur gute Entscheidungen zu treffen, ist überhaupt keine Freiheit.

Als ein erwachsener Mensch, der in seinem Leben nie einen einzigen Zug von einer Zigarette genommen hat, ist es Zeit die Grenze zu ziehen: Raucher haben ein Recht auf eine persönliche Entscheidung. Und ich als Nichtraucher habe das Recht, beim täglichen Einkauf vorm Terror durch pornographische Abschreckbildchen geschützt zu werden.

Über die Bedeutung unregelmäßiger Bloggertivität

Häufige Einträge sind meist ein Anzeichen dafür, dass ich an einem Text sitze, der sich dagegen sträubt, geschrieben zu werden, und ich das aufsteigende schlechte Gewissen beruhige, indem ich blogge.

Gestern kehrte eine verloren geglaubte Geschichte zu mir zurück.

Lange Stillephasen sind gute Omen.

Samstag, 27. September 2008

Worte gewinnen Debatten

Die Frage muss erlaubt sein: Ist eine falsche Vorstellung Schuld daran, dass um Stammzellenforschung überhaupt noch eine Diskussion herrscht? Natürlich ist sie umstritten wenn Leute das Wort Embryo hören und dabei an ein ungeborenes Baby denken, komplett mit Kopf, Armen, Beinen, und zehn zuckersüßen kleinen Zehen und allem was dran sein muss.

Ein menschlicher Embryo besteht, im relevanten Stadium, aus 70 bis 150 Zellen. Zum Vergleich, der kleine Rattenroboter wird von 3000 Gehirnzellen gesteuert, hochspezialistiere Neuronen. In der Petrischale ist kein Gehirn und kein einziges Neuron, nichts, weder Denken noch Fühlen oder die rudimentärsten Voraussetzungen dafür. Tiere für medizinische Forschung zu töten ist ein größeres moralisches Dilemma unserer Zeit als Stammzellenforschung. Tiere für ein leckeres Essen zu töten ist ein größeres moralisches Dilemma. Eine Fliege totzuschlagen weil sie den Fehler beging, auf deiner Nase oder deinem Bagel zu landen ist ein größeres moralisches Dilemma.

Und in einer Welt, in der wir in der Lage sind, einen menschlichen Embryo aus der Hautzelle eines Erwachsenen zu klonen und das harte Abschrubben unter der Dusche potentiell zum Massenmord an ungeborenem Leben wird, treibt das Argument für den Schutz des Embryos aufgrund seiner Entwicklungsmöglichkeit tot im Fruchtwasser.

Freitag, 26. September 2008

Natur ist Kunst

Ist die Realität nicht surreal? Die Saugnäpfe an den Armen eines Tintenfischs, eingefangen mit einem Elektronenmikroskop und künstlich coloriert.


Ihr kennt den Spruch von der Larve die träumt, sie wäre ein Schmetterling? So wie oben, so muss der Alptraum einer Fliege von der Venusfliegenfalle aussehen.

Man möchte die Hand ausstrecken und das weiche Grün streicheln aber da ist die Angst, dass die todfarbenen Zähne zubeißen und das Blut deines Fingers in den tiefen purpurroten Schlund tropft. Es ist entweder ein plüschiger Horror, oder das Portrait einer Piranha-Pflanze gemalt von einem mit magischen Pilzen zugedröhnten Super Mario oder Luigi, oder ein Stillleben von Lovecraft aus der Gummizelle, oder...

wer sich schonmal selbst mit dem Handy fotografiert hat wird das kennen. Es ist meist mindestens ein Bild dabei, wo der eigene Daume auf der Linse war. Ich glaube das ist es, was wir in dem Bild vor uns haben. Ein gescheiterter Versuch der Selbstfotografie ... von Cthulhu.

Die achte Todsünde

Stephen Fry hat Recht: Selbstmitleid ist die schlimmste Emotion.

Alle anderen Gefühle haben eine positive Seite. Selbst die tödlichen Sünden. Zorn kann gerecht sein und dich zu Taten motivieren, zu denen dir ansonsten der Mut fehlte. Ohne Lust wäre unsere Spezies längst ausgestorben. Und was feuert den Motor des Fortschritts an wenn nicht ein Tank voll Gier mit einem Spritzer Neid?

Aber nicht Selbstmitleid. Selbstmitleid hat nichts Gutes; es ist durch und durch destruktik. Es zerstört einen selbst und alles um sich herum, Freunde, Hobbies, Beziehungen, alles das dir im Leben wichtig und teuer ist, an dem du dich festklammern könntest und von dem Hilfe käme.

Die alte Drohung des rachsüchtigen Killers an sein Opfer: "Ich werde dich töten, langsam und qualvoll. Aber vorher töte ich jeden um dich herum, den du kennst und liebst. Und erst dann, ganz zum Schluss, wenn dir nichts mehr im Leben bleibt, dann komme ich und hole dich." Dieser Killer aus Filmen und Geschichten ist Selbstmitleid.

Das einzige Perpeto Mobile der Seele: Je mehr man in Selbstmitleid ersäuft, jämmerlich ersäuft, desto mehr neue Gründe werden sich ergeben, wegenen denen man Mitleid mit sich selbst empfinden kann.

Dienstag, 23. September 2008

Die Brücke

Jemand bei Pro Sieben kam auf die dumme Idee Wickis "Die Brücke" neu zu verfilmen. Und auf die noch viel bescheuertere Idee, den Trailer mit Requiem for a Tower zu unterlegen. Ihr wisst schon, das Lied, das für Herr Der Ringe: Die Zwei Türme aufgenommen wurde. Ein Film, in dessem Finale eine kleine Schar Soldaten ihren Standort gegen einen hoffnungslos überlegenen Feind verteidigen und einen ruhmreichen Tod suchen. In dem Parolen wie "Wehrt sie ab, bleibt standhaft!" und "Für Tod und Glorie!" auftauchen. Die Komposition ist episch, dramatisch, gewaltig, heldenhaft. Sie ist das genaue Gegenteil von Wickis Brücke, dem bittersten, schonungslosesten, entmystifizierenden Anti-Kriegsfilm des deutschen Kinos.

Im Herrn der Ringe spricht König Theoden folgende Worte, während die Musik im Hintergrund in Pathos schwelgt:

"Wenn dies unser Ende ist, dann will ich sie ein Ende vollbringen lassen, an das sich jeder erinnern wird."

Die Brücke endet mit der Nachricht:

„Dies geschah am 27. April 1945. Es war so unbedeutend, daß es in keinem Heeresbericht erwähnt wurde."

Es ist nicht nötig das Töten zu glorifizieren, um sich als Anti-Kriegsfilm zu disqualifizieren. Es reicht schon, das Sterben zu verherrlichen.

David Blaine gehen die Ideen aus

Sein neuester Stunt: Er hängt kopfüber von der Decke wie eine Fledermaus. Was ist daran so besonders? So schläft Dick Cheney jede Nacht.

Sonne, wozu denn?

Einer der kleinen Genüsse: In einer alten windigen Lederjacke durch den ersten Nieselregen des Herbstes spazieren.

Samstag, 20. September 2008

Don't call it Sapiens

Wenn eine Zivilisation an den Punkt gelangt, Schnitzel im Toaster zu machen, ist es vermutlich für alle das Beste, den Stecker zu ziehen und von vorne anzufangen.

Dienstag, 16. September 2008

Barack W. Obama

Die folgenschwerste deutsche Fehleinschätzung Barack Obamas: Dass unter Präsident Obama die Kriegstreiberei der Bush-Ära beendet sein wird.

Der republikanische Gegenkandidat, John McCain, ist ein Mann des Militärs und ein Mann Israels und Georgiens. Doch auch Obama ist kein Pazifist. Seine kriegerischen Aktionen werden allerdings überlegt sein, wo McCain impulsiv entscheidet, klüger und kompetenter geführt. Es ist nur die Frage, ob deutschen Obama-Fans nicht selbst zu einem gut geführten Krieg das Herz und der Wille fehlt.

Christopher Hitchens schreibt über eine drohende Auseinandersetzung mit Pakistan:

Barack Obama has, if anything, been the more militant of the two presidential candidates in stressing the danger here and the need to act without too much sentiment about our so-called Islamabad ally. He began using this rhetoric when it was much simpler to counterpose the "good" war in Afghanistan with the "bad" one in Iraq. Never mind that now; he is committed in advance to a serious projection of American power into the heartland of our deadliest enemy. And that, I think, is another reason why so many people are reluctant to employ truthful descriptions for the emerging Afghan-Pakistan confrontation: American liberals can't quite face the fact that if their man does win in November, and if he has meant a single serious word he's ever said, it means more war, and more bitter and protracted war at that—not less.

Die US Armee in Afghanistan hat begonnen Sonderkommandos über die pakistanische Grenze zu schicken, um Al Quaida Truppen, die in den dortigen Berglanden Lager aufgeschlagen haben, zu verfolgen. Auch ohne Genehmigung Pakistans. Pakistan genehmigte im Gegenzug das Feuern auf US-Soldaten. Letzten Montag wurde ein US-Angriff auf ein Dorf für zivile Opfer auf pakistanischem Territorium verantwortlich gemacht. Die amerikanische Regierung stritt die Anschuldigungen ab. Heute, auf den Tag genau eine Woche später, eröffneten pakistanische Truppen angeblich das Feuer auf einen US-Helikopter. Beide beteiligten Regierungen leugnen den Zwischenfall.

Die Autorisation für die Einsätze in Pakistan wurde von George W. Bush erteilt. Von dem ist man überhastete Eskalation gewohnt. Allerdings hat er sich diesmal Zeit gelassen. Die Forderung nach Einsätze gegen Al Qaeda Ziele in Pakistan wurde vor mehr als einem Jahr erstmals öffentlich gestellt: von Barack Obama. McCain kritisierte Obama dafür als naiv.

Die Wahl zwischen Obama und McCain könnte nicht auf die Wahl zwischen Krieg und Frieden hinauslaufen. Möglicherweise entscheidet die Wahl am Ende nur den Schauplatz des Krieges.

McCain hat noch den Kalten Krieg im Kopf und, das hat der Georgien Konflikt gezeigt, wäre nicht abgeneigt ihn aufzuwärmen. Und er wird ein Auge und ein paar Raketen auf den Iran richten. Die Mittel und Prioriäten sind von Bush wohlbekannt.

Unter Barack Obama verlöre Iran den Rang als unangefochtene Hauptbedrohung und würde zusammen mit Nord Korea in die zweite Reihe wandern. Diplomatie wäre die bevorzugte Waffen, das Problem in den Griff zu kriegen. Dafür rückt Pakistan in den Mittelpunkt, als Konsequenz daraus, den Krieg vom Irak nach Afghanistan zu verlagern, wo Obama das Herzstück von Osama Bin Ladens Al Qaeda identifiziert zu haben glaubt. Dies ist der Ort, an dem der Kampf gegen die Terroristen gefochten werden muss.

Der Konflikt im Nahen Osten wird weiter brennen. Egal wen die amerikanischen Wähler ins Weiße Haus heben. Das ist in der Region bekannt. Nicht ohne Grund liebäugelt Israel mit dem Gedanken, innerhalb der nächsten Monate präventive Raketenangriffe auf iranische Ziele durchzuführen. Schnell, bevor ein neuer Präsident im Amt ist. Solange Bush im Oval Office sitzt ist Rückendeckung garantiert. Bevor Obama den Fokus auf Pakistan umschwenkt und damit als starker Partner gegen Iran für Israel fehlt.

Ein Abzug von Truppen aus dem Irak oder ein Truppenaufmarsch in Afghanistan. Wo ist der Unterschied?

Die Deutschen erhoffen sich die Wahl Obamas zum Präsidenten auf eigene Gefahr. Ja, er sprach sich als Senator gegen den Irak Krieg aus. Aber wie Obama schon damals sagte: Er ist nicht prinzipiell gegen Krieg. Er ist nur gegen dumme Kriege.

Wenn ein Präsident Obama von Deutschland Hilfe für einen Krieg erbittet, könnte es ein wohlüberlegter Krieg sein. Dummerweise wird es das der Bundesregierung um einiges schwerer machen, Hilfegesuche an die Bundeswehr abzulehnen, als unter Präsident George W. Bush.

Montag, 15. September 2008

Gott in Frankreich

Als ein Götzen verehrender Heide muss ich mich kurz zu Wort melden.

Es spricht einiges dafür, sich nicht allein von der Gier nach Geld, Macht und Wissen leiten zu lassen. Anderseits hat es auch durchaus Vorteile nicht arm, hilfslos und dumm zu sein.

Wer das gesunde Bedürfnis verspürt, aus dem trivialen Alltag auzubrechen, und sich auf Sinnsuche zu begeben, aber zu faul oder zu feige ist, sich den Anstrengungen und unschmeichelhaften Einblicken der Selbsterkenntnis auszusetzen, für den ist ein vorgefertigtes spirituelles Glaubensgebäude ideal. Und auf dem Markt besitzen Religionen Monopolstellung. Die Nachfrage könnte problemlos von säkularen Stellen bedient werden, wenn es sie gäbe und sie dort, wo es sie gibt, nicht noch schlechter, auf keinen Fall aber viel besser, als geistliche Angebote, ausfielen. Nicht weiter schlimm. Religiöse Institutionen sind als Einstieg nicht total mies, solange sie nicht zum Endpunkt werden, sondern man den Absprung rechtzeitig wagt. Es geht schließlich darum, sich selbst zu Entdecken, nicht die Meinung einer 81-jährigen verknitterten Jungfrau.

Wenn man will, kann man aus der Kirche viel mitnehmen, für sich und die Menschheit, das es wert ist, aus dem Schraubstock des Dogmas gerettet zu werden. Es steckt viel Schönes im Glauben - Kunst, Architektur, Poesie, Musik - das die menschliche Seele zutiefst berührt und zu ihr spricht. Und für sie spricht! Für die Kraft und Weisheit und Empfindsamkeit unseres gemeinsamen Wesens. Und wir benötigen diesen Teil, der für das Beste in uns Partei ergreift, als Gegenstimme zu den Gräueln und Verbrechen der Spezies, die das Schlechte in uns bezeugen. Dieses Schöne muss in unseren Herzen überdauern, oder es ergibt keinen Sinn, irgendetwas anderes, das wir erbauen, zu bewahren.

Gut möglich, dass die trauernde Mutter ein Recht auf Trost besitzt so wie das todkranke Kind ein Recht auf Hoffnung, ganz gleich ob wahr oder falsch, und dass diesesAnrecht das Recht eines anderen Menschen, es ihnen zu nehmen bei weitem übersteigt.

Menschen sollen trauern. Menschen sollen beten. Behaltet all die guten Dinge bei. Aber kettet sie nicht mit Handschellen an nutzlose Dogmen. Sagt einer von Leid zerrissenen Familie, die ihren Vater, Ehemann, Sohn, Bruder und Freund auf rituelle Art bestatten möchte, um bedeutungsvoll Abschied zu nehmen und mit der Heilung zu beginnen, sagt ihr nicht, dass sie gleichzeitig auch die Lehre von der unbefleckten Empfängnis zu akzeptieren habe und dass Kondome Sünde seien. Das ist schäbig, scheußlich, unmenschlich und ein Frevel.

Tatsächlich ist das die Richtung, in der sich Katholiken bewegen. Und der Grund, warum der Papst sich aufregt. Seine Feinde sind nicht gottlose Heiden, die er von den fremden Götzen sowieso nicht mehr losreißen wird. Seine Feinde sind die Gläubigen, die sich aus 2000 Jahren Kirchentradition ganz undogmatisch nur die für sie nützlichen Punkte herauspicken. Das, was sie zum Leben brauchen, ohne den ganzen Ballast drumherum. Es ist ein Kampf, den alle Religionen in einer aufgeklärten Gesellschaft durchleben, und es ist für die Kirche ein aussichtsloser Kampf: Die Demokratisierung des Glaubens gegen den Alleinherrschaftsanspruch der Autorität. Pluralismus gegen Papst.

In dieser Hinsicht sind weichgespülte Kirchgänger der goldenen Mitte näher als radikale Atheisten, auch wenn beide letzten Endes nach der gleichen Balance streben. Der Feelgood Gläubige legt nutzlose, überholte Lehren nach und nach ab, und konzentriert sich auf das für ihn Wesentliche, wenngleich er immer noch anfällig dafür ist, die Wichtigkeiten zu verwechseln, zum Beispiel Moralpredigten anstelle von Meditation. Der reaktionäre Atheist andererseits hat das Jesus-Baby mit dem Badeweihwasser ausgeschüttet, indem er schädliche Dogmen nicht von hilfreichen Ritualen, Feierlichkeiten und Wundersamen unterschied. Der Weg zurück in ein von Schönheit und Andacht und Hoffnung erfülltes Leben mag für ihn schwieriger sein als für den religiösen Menschen, der nach und nach den Glauben an Gott verliert und einen Glauben an sich selbst, seine Mitmenschen und die Welt findet.

Die bessere Predigt, hätte Ratzinger gewollt, dass die Menschen sich fühlen wie Gott in Frankreich oder wie im Himmel auf Erden, müsste viel kürzer so lauten:

Du entscheidest frei, was dir im Leben wertvoll ist. Und mir gestehst du das Recht zu, das gleiche ganz allein für mich zu entscheiden.

Amen.

Sonntag, 14. September 2008

Homos sind normal - Katholizismus ist wider die Natur

Wie der Zufall so spielt lief im Fernsehen die Wiederholung der letzten Maischberger, in der Kardinal Joachim Meisner erklärte, Gott habe den Menschen als Mann und Frau und nicht als Schwule und Lesben geschaffen, als ich im Internet auf das neueste Glied in einer langen Kette von Indizien stieß, die nahelegen: Menschen werden homosexuell geboren. Aus dem Salon Interview zur Studie:

A research team (...) obtained MRIs for 90 adult volunteers -- 25 straight men, 25 straight women, 20 gay men and 20 lesbians. Using the latest quantitative techniques for assessing cerebral symmetry and functional connections between various areas of brain, Savic was able to demonstrate highly statistically significant differences between straight and gay brains. Gay and lesbian brains more closely resembled the brains of straight volunteers of the opposite sex than the brains of heterosexual members of the same sex.

Gott erschuf den Mensch als Mann und Frau, als Mann und Frau erschuf er ihn, und nur um die Sache mit dem Sünden schwerer zu machen und Kardinäle in Erklärungsnöte zu bringen baut er manchmal das falsche Hirn in den verkehrten Körper beim Erschaffen.

Meisners Anspruch als moralische Führungsperson fußt auf seinem Kampf als ostdeutscher Bischof gegen die Fremdbestimmung des Individuums durch den kommunistischen Staat, doch die Kirche ersetzt die autoritäre Herrschaft des Menschen über andere Menschen durch die autoritäre Herrschaft Gottes über Menschen, ausgeführt allerdings von Menschen, die als Stellvertreter der abstrakten Autorität sprechen. Aber die höhere Macht ist in Meisners Weltanschauung unverzichtbar, weil man dem Menschen nicht zutraut, der Herr seines eigenen Schicksals, Bestimmer seines eigenen Körpers, Fäller seiner eigenen Entscheidungen zu sein. Salman Rushdie:

You see, fundamentalists believe that we don’t believe in anything. In their view of the world, they are in possession of absolute certainties, while we are descending into decadence.

Obwohl Rushdie eigentlich über islamistische Terroristen sprach, trifft die Beschreibung genau so auf die innere Weltsicht von Katholiken wie Meisner und Ratzinger zu. Das würde wenig Schaden anrichten, wenn sich Menschen nicht tatsächlich zu unterschiedlichen Grade nach Fremdbestimmung sehnen würden. Wenn die katholischen Vorschriften zu Verhütung und Sexualität der Fremdbestimmung zuviel sind, gibt es die bequemere Option in Form vager Versprechungen sein Leben in die Hände des Universums zu legen. "Ich bin keine religiöse Person, aber ich bin eine spirituelle Person" ist die geheime Losung dafür. Rushdie im gleichen Interview:

SPIEGEL: Perhaps not, but many people seem to need a god. Religions worldwide are experiencing a comeback. Striving for spirituality is more pronounced than ever. Is this a negative development in your opinion?

Rushdie: Yes.

SPIEGEL: That’s a clear answer. But also offensive to many people.

Rushdie: In my opinion the word “spiritual” ought to be put on an index and banned from being used for say 50 years. The things that are put about as being “spiritual” -- it’s unbelievable. It even goes as far as a spiritual lap dog and a spiritual shampoo.


Leider würde es nichts helfen. Tatsächlich existiert bereits ein Berufszweig, der den gleichen Markt bedient wie sonst Geistliche, Kartenleger oder Naturheilkundler, nur ohne das spirituelle Element. Sie nennen sich Life Coaches. Säkulare Scharlatane. Professionelle Händchenhalter für Menschen, die ein freud- und freundloses Leben führen. Ich scheue ein wenig die Opfer, entschuldigung, Kunden von Life Coaches als arme Seelen hinzustellen, allerdings werden sie wenn der Life Coach mit ihnen fertig ist zumindest immer noch ein bisschen ärmer sein als vorher.

Da wollen gestresste Geschäftsleute lernen, wie sie ihre Zeit effektiver nutzen, und gehen dafür dreimal in der Woche für je eine Stunde zum Zeitmanagmenttrainer. (erste Lektion: Geh nicht zum Zeitmanagmenttrainer! In den drei Stunden kann man eine Menge anderes Zeug geregelt kriegen.) Da bezahlen Kleinverdiener 500 Euro im Monat für einen Life Coach, damit er sie berät, wie sie ihre Finanzen besser handhaben. Und geschlechtsreife junge Frauen und Männer knuddeln sich auf Kuschelparties zwischen schwitzenden Dicken und gammeligen Sozialaussätzigen die Lust auf Sex aus dem Leib.

Es ist so absurd wie die größten Absurditäten von Religion und Spiritualität und es funktioniert nach dem gleichen Muster wie Reiki & Co: Praktizierende denken sich ihre eigenen Qualifikationen aus, können sich gegen eine kleine (große) Gebühr mit einem professionell klingendem Titel schmücken der sich nach viel mehr Kompetenz anhört als die 10-15 Stunden Ausbildung im Wochenendskurs vermittelt, und dürfen dann ihrerseits Neueinsteiger in den ersten Rang ihrer Meisterschaft einweisen - gegen Bezahlung. Und meistens erzählen sie ihren Kunden nichts, das der Kunde nicht selbst bereits wusste oder ein guter Freund hätte besser gesagt.

Es ist der einzige Dienstleistungs-Beruf der Welt, in dem man dafür bezahlt, keine Dienstleistung zu liefern.

Das wirklich Erzürnende? Der Stundenlohn dieser Scharlatane ist höher als der, der meisten Prostituierten. Und die Mädels leisten wenigstens richtige Arbeit.

Samstag, 13. September 2008

Blutiges Erstes Mal mit älterem Herrn

Das folgende Video ist eine Warnung für alle Studenten, die glauben es reicht, ein paar Tage vor der mündlichen Examensprüfung die wichtigsten Stichworte auswendig zu lernen, um sich, auch ohne wirkliches Wissen über die tieferliegenden Zusammenhänge, durchzumogeln. Was geprüft wird? Die Eignung zum Vizepräsidenten, und eventuellen Präsidenten, der Vereinigten Staaten von Amerika. Trotz einwöchiger Vorbereitung, eingeschlossen mit den besten Beratern McCains in einer einsamen Kammer fernab der Presse, und sorgfältig ausgesuchtem Journalisten für die Interview-Entjungferung auf der großen politischen Bühne, schaffte Sarah Palin das von allen für Möglich gehaltene. Sie erwies sich als außenpolitisch unwissend, uninteressiert und unvorbereitet.

Konfrontiert mit der ersten Frage, auf die ihre Trainer keine vorformulierte Antwort zurechtgelegt haben: Was ist die Bush Doktrin?



Sie reagiert wie eine Studentin in einem mündlichen Exam, die keine Ahnung hat, worauf die Frage, die der Professor soeben gestellt hat, sich bezieht. Erst fischt sie nach einem Hinweis in die richtige Richtung, doch wird abgeblockt. Dann schmeißt sie allgemeine Aussagen zusammen in der Hoffnung eine halbwegs überzeugende Antwort zu erfinden und ja nichts Falsches zu sagen.

Charles Gibson hat das gleiche versteckte Schmunzeln auf den Lippen, das ich von den Gesichtern von Professoren kenne, die in diesem Augenblick entschieden haben, dass der Test beendet ist, aber die den Studenten trotzdem weiter Schwitzen und Schwanken und Scheiße reden lassen, ganz allein aus schierem sadistischem Genuss daran, etwas zu wissen, dass dem Studenten nicht bekannt ist: Die Antwort auf die Frage sowie der Umstand, dass sie durchgefallen sind.

Freitag, 5. September 2008

RNC 4 1/2

1:37 AM SARAH SARAH SARAH! - Stand up for Sarah, stand up, stand up! Der letzte Tag der Versammlung zwischt von Absurd zu Abstrus auf direktem Weg nach Absolutbekloppt.

2:10 INTERVIEW - Moppelige Republikanerin trägt einen Helm mit der Aufschrift: "Drill here now" ... Thanks, lady, but no thanks.

4:07 McCAIN VIDEO - "The fire burned for 30 hours. 135 men lost their lives. John McCains life was somehow spared. Perhaps he had more to do." Genau. Ich wette die 135 anderen Menschen sind gestorben, weil sie fertig waren mit Leben, Familie, Freunden, Träumen.

4:11 MOMMA'S BOY - Auflistung der Veränderungen, die John McCain bringen wird, wenn sich die Sterne fügen (und Obama soll der messianische Redner sein?): Wohlstand, Optimismus, und vor allem Sicherheit. Ist das ein direktes Eingeständnis dass der gegenwärtige Zustand so aussieht, dass die GOP Amerika arm, zynistisch und vor allem unsicher gelassen haben?

4:26 KOGNITIVE APPLAUS FEHLFUNKTION - "Wir leben in harten wirtschaftlichen Zeiten" USA! USA! USA! "Familien haben es schwer, Essen auf den Tisch zu bringen." BOOOOO!

4:30 AND YOU WILL KNOW THEIR NAMES - McCain verspricht als Präsident Veto gegen Earmarks einzulegen und die Namen der Leute bekannt zu machen, die dahinter stecken. Einen der Namen kennen wir schon: Sarah Palin. Deren Name stand auf mehreren Finanzspritzen für Alaska, die McCain als Senator als korrupt anprangerte.

4:42 LOG CABINS - "Bildung ist die Bürgerrechtsbewegung unserer Zeit." Uh, ich dachte Bürgerrechte wären die Bürgerrechtsbewegung unserer Zeit. Wie gleiche Bürgerrechte für Schwule und Lesben.

5:02 - "Run for office, teach a child to read, help your fellow men, serve your country" aber werd ja nicht Community Organizer. Die sind lächerlich.

6:08 DON'T STOP BELIEVING - Journey spielt im Hintergrund während die Republikaner die Balloons zusammenfegen. Wem gilt die Botschaft? Den religiösen Rechten, die Kontrolle über die republikanische Partei übernommen haben und nicht aufhören sollen an den Wahlsieg zu glauben, oder den echten Konservativen, die in McCains Rede Hoffnungsfunken dessen sehen, was sie an ihrer Partei früher liebten und sich zurück wünschen?