Donnerstag, 6. November 2008

Meet the Chief

Barack Obamas neuer Staabschef des Weißen Hauses ist eine fluchende, raufende, ballett-tanzende, koffein-gepuschte, stierhodenbehangene Masseneinschüchterungswaffe: Rahm Emanuel.

Kann mir jemand die besondere Persönlichkeit von Rahm in ein, zwei Sätzen beschreiben?

Sie, Herr Goldberg:
I've known Rahm for a long time, and he's yelled at me for no good reason on many occasions. This, of course, is the way he expresses affection.
Nicht schlecht. Jetzt vielleicht eine Charakterisierung, die mich dazu bringt, ihn als Stabschef einzustellen und nicht als Marktschreier? Bitte sehr, anonymes Stabsmitglied das mit ihm gearbeitet hat:
"Clinton loved Rahm, because he knew that if he asked Rahm to do something, he would move Heaven and Earth -- not necessarily in that order -- to get it done."
Aha, ein Mann also, der so gerne den Teufelsdreizack auspackt wie er die himmlischen Glocken läuten lässt. Warum geht beim Wort Glocken eine Hand nach oben, Paul Begala?
"He's got this big old pair of brass balls, and you can just hear 'em clanking when he walks down the halls of Congress. The Democratic Party is full of Rhodes scholars -- Rahm is a road warrior."
Okay, Paul, danke für das bisschen bislang schmerzlich vermisste Homoerotik. Was einem wirklich den Schweiß auf den Lenden glitzern lässt ist, dass Rahm ein Macher ist. Er ist zielorientiert. Anders als Rove & Co, die letztlich wenig von ihrer innenpolitischen Agenda umsetzen konnten, zählen für Rahm Ergebnisse. Der Mann war dabei, als Bill Clinton eine rumpelige Eingewöhnungsphase im Weißen Haus erlebte, bevor er zu dem Präsidenten reifte, an den man sich heute so gerne erinnert, und Rahm wird Obama vor den gleichen Fehlern bewahren. Im Jahr 2006 führte er den Feldzug der die Demokraten zurück in die Mehrheit brachte.

Rahms Wahl setzt ein Zeichen.

This is what it’s a sign of: the new president is a master of realpolitik. Just as Obama’s decision to forgo public campaign financing was a sign of his killer instinct—of his determination to win—so his choice of “Rahm-bo” is a sign that he intends to get things done, not strike poses.

(...) while Rahm is a partisan, he is not an ideologue. He doesn’t piss people off for the sake of scoring debating points or asserting his purity. He pisses people off because he cares about things, and sometimes pushes too hard. He lives by an old saying prevalent in F.D.R.’s Washington: “Keep all the balls in the air without losing your own.
Es ist weiterhin ein Zeichen dafür, dass Chicago die neue heimliche Politikhauptstadt der Vereinigten Staaten ist. Von dort aus orchestriert Obama seine Übergangsregierung. Rahm stammt aus Chicago und das gleiche gilt für viele von Obamas Clinton-schlagender, Republikaner-zerstörender Maschine. Allen voran David Axelrod, ein Mann mit einem Gesicht wie ein Gebrauchtwagenverkäufer, der seine Erfolgsformel über mehrere Kandidaten verfeinerte bevor er sie in Barack Obama zur Perfektion brachte.

Puh, nach all dem bin ich bereit für eine unglaubliche Anekdote die schwer ans Psychopathische grenzt. New York Times, erzähl doch mal, wie groß ist der Unterschied zwischen dem Beruf des Staabschefs des Weißen Hauses und dem Beruf des Serienkillers:

The best Rahm Emanuel story is not the one about the decomposing two-and-a-half-foot fish he sent to a pollster who displeased him. It is not about the time - the many times - that he hung up on political contributors in a Chicago mayor's race, saying he was embarrassed to accept their $5,000 checks because they were $25,000 kind of guys. No, the definitive Rahm Emanuel story takes place in Little Rock, Ark., in the heady days after Bill Clinton was first elected President.

It was there that Emanuel, then Clinton's chief fund-raiser, repaired with George Stephanopoulos, Mandy Grunwald and other aides to Doe's, the campaign hangout. Revenge was heavy in the air as the group discussed the enemies - Democrats, Republicans, members of the press - who wronged them during the 1992 campaign. Clifford Jackson, the ex-friend of the President and peddler of the Clinton draft-dodging stories, was high on the list. So was William Donald Schaefer, then the Governor of Maryland and a Democrat who endorsed George Bush. Nathan Landow, the fund-raiser who backed the candidacy of Paul Tsongas, made it, too.

Suddenly Emanuel grabbed his steak knife and, as those who were there remeber it, shouted out the name of another enemy, lifted the knife, then brought it down with full force into the table.

''Dead!'' he screamed.

The group immediately joined in the cathartic release: ''Nat Landow! Dead! Cliff Jackson! Dead! Bill Schaefer! Dead!''

Toss in a deeply uncomfortable but funny line about cementing his assistant's asshole shut, and you've got Gold, baby.
Gold ist zufällig der Nachname einer Figur in der TV-Serie Entourage, die auf Rahms Bruder Ari basiert. Alle drei, Ari, Rahm und TV-Figur teilen eine hyperaktive Intensität wie man sie nur von jüngeren Brüdern einer hocherfolgreichen Karrierefamilie kennt.



Wie nahe ist das durch die TV Serie dargestellte Arschloch-Level am lebenden Vorbild? Nur soviel sei verraten: Rahm Emanuel hat seinem Bruder mitgeteilt, dass er die Fernsehversion von ihm besser leiden mag als ihn selbst.

Aber was sagt uns das über den President Elect (sind das nicht die zwei schönsten Worte der englischen Sprache? derzeit kommt es mir so vor): Barack Obamas zweite große Personalentscheidung, nach der Wahl von Joe Biden als Vizepräsident, zeigt dass Obama sehr genau weiß, was er kann und, noch wichtiger, was er nicht kann. Rahm ist Mafiaschläger, dessen Job es ist, sich dort die Hände schmutzig zu machen, wo Engelszungen nicht mehr weiter helfen. Der böse Cop, der die Verbrecher in die weit ausgebreiteten Arme des guten Cops jagt. Eine Waffe wie Rahm ist gut im Arsenal zu haben. Wenn Obamas Fähigkeit, gegensätzliche Standpunkte durch Verständnis und schöne Worte zu vereinen, an ihre Grenzen stößt, kommt Rahm ins Spiel und prügelt die verfeindeten Parteien an den Verhandlungstisch.

Und außerdem sagt es uns, dass Obama der Unterhaltungsindustrie ein Leckerli hinwirft. Er weiß, dass Komiker bisher noch nichts verlässlich witziges an seiner Person gefunden haben, auf dass sie zwei Amtszeiten an Humor bauen können, wie es bei Bush und Clinton kriminell leicht war. Dank Rahm Emanuel ist zumindest garantiert, dass der unausweichliche Kinoverfilmung von Obamas Geschichte eine schillernde Nebenfigur haben wird.