Sonntag, 14. September 2008

Homos sind normal - Katholizismus ist wider die Natur

Wie der Zufall so spielt lief im Fernsehen die Wiederholung der letzten Maischberger, in der Kardinal Joachim Meisner erklärte, Gott habe den Menschen als Mann und Frau und nicht als Schwule und Lesben geschaffen, als ich im Internet auf das neueste Glied in einer langen Kette von Indizien stieß, die nahelegen: Menschen werden homosexuell geboren. Aus dem Salon Interview zur Studie:

A research team (...) obtained MRIs for 90 adult volunteers -- 25 straight men, 25 straight women, 20 gay men and 20 lesbians. Using the latest quantitative techniques for assessing cerebral symmetry and functional connections between various areas of brain, Savic was able to demonstrate highly statistically significant differences between straight and gay brains. Gay and lesbian brains more closely resembled the brains of straight volunteers of the opposite sex than the brains of heterosexual members of the same sex.

Gott erschuf den Mensch als Mann und Frau, als Mann und Frau erschuf er ihn, und nur um die Sache mit dem Sünden schwerer zu machen und Kardinäle in Erklärungsnöte zu bringen baut er manchmal das falsche Hirn in den verkehrten Körper beim Erschaffen.

Meisners Anspruch als moralische Führungsperson fußt auf seinem Kampf als ostdeutscher Bischof gegen die Fremdbestimmung des Individuums durch den kommunistischen Staat, doch die Kirche ersetzt die autoritäre Herrschaft des Menschen über andere Menschen durch die autoritäre Herrschaft Gottes über Menschen, ausgeführt allerdings von Menschen, die als Stellvertreter der abstrakten Autorität sprechen. Aber die höhere Macht ist in Meisners Weltanschauung unverzichtbar, weil man dem Menschen nicht zutraut, der Herr seines eigenen Schicksals, Bestimmer seines eigenen Körpers, Fäller seiner eigenen Entscheidungen zu sein. Salman Rushdie:

You see, fundamentalists believe that we don’t believe in anything. In their view of the world, they are in possession of absolute certainties, while we are descending into decadence.

Obwohl Rushdie eigentlich über islamistische Terroristen sprach, trifft die Beschreibung genau so auf die innere Weltsicht von Katholiken wie Meisner und Ratzinger zu. Das würde wenig Schaden anrichten, wenn sich Menschen nicht tatsächlich zu unterschiedlichen Grade nach Fremdbestimmung sehnen würden. Wenn die katholischen Vorschriften zu Verhütung und Sexualität der Fremdbestimmung zuviel sind, gibt es die bequemere Option in Form vager Versprechungen sein Leben in die Hände des Universums zu legen. "Ich bin keine religiöse Person, aber ich bin eine spirituelle Person" ist die geheime Losung dafür. Rushdie im gleichen Interview:

SPIEGEL: Perhaps not, but many people seem to need a god. Religions worldwide are experiencing a comeback. Striving for spirituality is more pronounced than ever. Is this a negative development in your opinion?

Rushdie: Yes.

SPIEGEL: That’s a clear answer. But also offensive to many people.

Rushdie: In my opinion the word “spiritual” ought to be put on an index and banned from being used for say 50 years. The things that are put about as being “spiritual” -- it’s unbelievable. It even goes as far as a spiritual lap dog and a spiritual shampoo.


Leider würde es nichts helfen. Tatsächlich existiert bereits ein Berufszweig, der den gleichen Markt bedient wie sonst Geistliche, Kartenleger oder Naturheilkundler, nur ohne das spirituelle Element. Sie nennen sich Life Coaches. Säkulare Scharlatane. Professionelle Händchenhalter für Menschen, die ein freud- und freundloses Leben führen. Ich scheue ein wenig die Opfer, entschuldigung, Kunden von Life Coaches als arme Seelen hinzustellen, allerdings werden sie wenn der Life Coach mit ihnen fertig ist zumindest immer noch ein bisschen ärmer sein als vorher.

Da wollen gestresste Geschäftsleute lernen, wie sie ihre Zeit effektiver nutzen, und gehen dafür dreimal in der Woche für je eine Stunde zum Zeitmanagmenttrainer. (erste Lektion: Geh nicht zum Zeitmanagmenttrainer! In den drei Stunden kann man eine Menge anderes Zeug geregelt kriegen.) Da bezahlen Kleinverdiener 500 Euro im Monat für einen Life Coach, damit er sie berät, wie sie ihre Finanzen besser handhaben. Und geschlechtsreife junge Frauen und Männer knuddeln sich auf Kuschelparties zwischen schwitzenden Dicken und gammeligen Sozialaussätzigen die Lust auf Sex aus dem Leib.

Es ist so absurd wie die größten Absurditäten von Religion und Spiritualität und es funktioniert nach dem gleichen Muster wie Reiki & Co: Praktizierende denken sich ihre eigenen Qualifikationen aus, können sich gegen eine kleine (große) Gebühr mit einem professionell klingendem Titel schmücken der sich nach viel mehr Kompetenz anhört als die 10-15 Stunden Ausbildung im Wochenendskurs vermittelt, und dürfen dann ihrerseits Neueinsteiger in den ersten Rang ihrer Meisterschaft einweisen - gegen Bezahlung. Und meistens erzählen sie ihren Kunden nichts, das der Kunde nicht selbst bereits wusste oder ein guter Freund hätte besser gesagt.

Es ist der einzige Dienstleistungs-Beruf der Welt, in dem man dafür bezahlt, keine Dienstleistung zu liefern.

Das wirklich Erzürnende? Der Stundenlohn dieser Scharlatane ist höher als der, der meisten Prostituierten. Und die Mädels leisten wenigstens richtige Arbeit.