Donnerstag, 4. September 2008

Bibel und Biologie

Möglicherweise das genussreichste Detail in der großen Sarah Palin-plosion ist die Reaktion der evangelistischen Christen der GOP Basis auf die Neuigkeit von Palins unverheirateter jugendlicher Tochter. Das vernichtendste Argument gegen Abstinenz ist die Selbstverständlichkeit, mit der seine Verfechter die Fälle abwinken, in denen es versagt. Versagen ist der Standard.

"Ja, das passiert in allen Familien", sagt der bärtige Mann, selbst Vater, auf die Frage der Reporterin nach der siebzehnjährigen Schwangeren, als spreche er über seine eigene Familie oder kenne mindestens eine aus dem näheren Bekanntenkreis.

"Das passiert halt."

Ja, es passiert.

Warum wohl? Die Verwunderung in einem gut gefüllten Messeraum von fundamentalistischen Christen ist greifbarer als der Heilige Geist.

Darum. Weil jeder einzelne selbst der fanatischsten Gottesfürchtenden von einem Vater und einer Mutter abstammen, die mindestens einmal im Leben Sex hatten. Höchstwahrscheinlich öfter. Das gleiche gilt für die Großeltern und die Urgroßeltern und die Ururgroßeltern und für alle Generationen davor, und je weiter man zurück geht, desto wahrscheinlicher passierte der Geschlechtsverkehr jung und unüberlegt und unverheiratet, bis zum Anbeginn der Menscheit, als das Leben kurz war, die größte Sorge der nächsten Mahlzeit galt und Sex der spaßigste Zeitvertreib der zur Verfügung stand.

Dies ist die Ahnenreihe der Eltern, die mit den Achseln zucken, wenn ihre minderjährige Tochter schwanger wird. "Es passiert eben." Es passiert, passierte und wird immer wieder passieren. Bei den Vätern wie bei den Söhnen, bei den Töchtern wie bei den Müttern. Erwachsene sollten wissen, wie schwer es fällt, den Ständer in der Hose zu behalten und das feuchte Höschen um die Hüften nicht um die Knie.

Wie sollte es ihren heranreifenden Söhnen und Töchtern nicht noch schwerer fallen?

Der Trieb ist für Jugendliche am stärksten und sie haben keine Erfahrung mit den neuen Gefühlen und keine Zeit Schutzmechanismus aufzubauen, gegen das was mit ihnen vorgeht, die Körper vollgepumpt mit Hormonen. Die Lust steht ihnen bis zu den Augäpfeln und der Saft schießt ihnen aus den Ohren. Von dem, was unterhalb des Kragens steht und spritzt und sprießt, gar nicht zu reden. Der Ruf von Mutter Natur drängt sie dazu, zu vögeln. Und bitteschön möglichst bald. Für den größten Teil unseres Daseins konnten Vertreter der Spezies nicht darauf zählen, älter als 25 zu werden. Also jetzt aber, ihr seid zwei Menschen in der fruchtbarsten Blütezeit, ein Junge, ein Mädchen, ihr habt die passenden Teile zwischen euren Beinen und ihr habt Lust. Worauf wartet ihr? Schnell, bevor der Säbelzahntiger, der sich im Gebüsch angeschlichen hat, Appetit bekommt.

Natürlich werden Jugendliche die Genitalien zusammenstecken. Wie könnten Sie anders?

Sie entstammen einer langen Reihe von Fickern.

Schon statistisch gesehen kann man sich fast sicher sein, dass die eigenen Vorfahren sündig kopulierende Fickhasen waren. In Fleischeslust schwelgende Männlein und Weiblein prodzieren mehr Nachkommen als enthaltsame Jungfern und Kirchenknechte, die sich bei jedem unlauterem Gedanken den Penis geißeln. Das ist die Garantie, die Evolution gibt.

Fundamentalisten erkennen das Problem instinktiv und räumen es aus dem Weg: Sie glauben einfach nicht an Evolution.

Andere Gläubige, die sich zu einer modernen Religion gehörend sinnen, haben es schwerer. Einer modernen Religion wie, sagen wir, der katholischen Kirche. Die katholische Obrigkeit erkennt Evolution als Fakt an. Gleichzeitig predigt sie Enthaltsamkeit anstelle von Kondomen.

Die katholische Kirche! Ausgerechnet. Dabei ist sie selbst ein seit Jahrhunderten laufendes Zuchtexperiment mit dem ultimativen Ziel Keuschheit aus dem Genpool zu eliminieren. Die Zölibatsvorschrift für Priester garantiert, dass die tugendhaftesten Menschen, die am ehesten die Fähigkeit besitzen, sich des Geschlechtsverkehrs zu enthalten, sich niemals in ihrem Leben fortpflanzen; außer wenn sie die Regel brechen, in diesem Fall geben sie die Stärke ihres Triebs, sowie die fehlende Willenskraft, die er überwältigte, an ihre Kinder weiter.

Diese Kirche und alle, die sich ihrer Lehre verschreiben, hat zwei Theorien: 1) Evolution ist der Mechanismus durch den Gott den Menschen erschuf. 2) Man kann jungen Menschen vorschreiben, keinen Sex zu haben, bis sie verheiratet sind.

Das geht nicht zusammen. Es ist unmöglich, die Widersprüchlichkeiten dieser zwei Punkte zu vereinbaren.

Ich werde jetzt schildern, was ein Mensch, der an Gott glaubt und Evolution als Tatsache akzeptiert, glaubt. Es wird ihm nicht bewusst sein. Aber er muss es glauben.

Gott sei wie folgt vorgegangen: Für 200.000 Jahre seit der Mensch begann, aufrecht unter der Glutsonne Afrikas zu gehen, und für viele Jahrmillionen zuvor, in denen Genene, die bis heute in unserer DNA ruhen, durch die Körper von Fischen, Amphibien und Säugern gingen, wurde der Mensch von einem System geformt, das häufigen, schnellen, frühen und freizügigen Sex belohnt. Und dann, in den letzten 2000 Jahren, nach meheren tausend Generation Rumgevögelei, kommt Gott daher und legt fest, dass Sex vor der Ehe nicht mehr geht.

Gottes Meinung zu Unkeuschheit - Für 90% der Menscheitsgeschichte aktiv ermutigt bevor ich es verbiete.

Das ist unglaublich, es ist unglaubwürdig, und es ist nicht zu glauben, selbst wenn man es ganz doll versucht.

Ein Gott, der Menschen gezielt so aussiebt, dass die Überlebenden exakt diejenigen sind, denen das Einhalten seiner späteren Gebote am schwersten fällt. Dieser Gott ist entweder ein Stümper oder ein Sadist.

Das ist wie einen Apple Computer kaufen und sich dann beschweren, weil das Installieren von Windows Vista nicht klappt. Man kann von einem Gerät nicht verlangen, etwas zu machen, für das man es nicht gebaut hat.

Dies ist die Klemme, in der moderate Gläubige stecken. Sie können nicht glauben, dass der Mensch vor 6000 Jahren in einem Garten als Adam und Eva entstand. Doch in dem Versuch, modernes Wissen mit altertümlichen Aberglauben zu vereinen, werfen sie neue Glaubenssätze in die Welt, die genauso schwer oder noch schwerer für wahr zu halten sind.

Der Fundamentalist starrt dem Dilemma ins Gesicht. Es gibt eine Wahrheit und sie ist das Wort Gottes, unabhängig davon was die Fakten sagen. Der Moderate sieht die Fakten und den heiligen Text, dem die Fakten widersprechen, und er sucht doch im Wort Gottes nach einer Form von Wahrheit und verwischt damit völlig die Grenze zur Lüge bis das Wort Wahrheit keinen Wert mehr besitzt und Glaube ein Zweckbündnis ist.

Der Fundamentalist sagt: Der Mensch verfügt über eine Seele vom Moment der Zeugung an und daher ist Abtreibung Mord. Die Prämisse ist Dünnschiss, aber die Schlussfolgerung resultiert logisch aus der Grundannahme. Der gemäßigte Gläubige sagt: Das ungeborene Leben ist ein Mensch wie du und ich und hat genau das gleiche Recht auf Leben ... aber ich bin für Kompromisse offen.

Moderne Gläubige kehren die Widersprüchlichkeiten zwischen Wort Gottes und Wirklichkeit unter den Teppich und hoffen, dass niemand genauer nachschaut.

Deswegen fällt es mir auf merkwürdge Weise leichter die Fanatiker zu respektieren. Die Fanatiker stehen zu ihrem Glauben. Selbst wenn sie mir sagen, ich werde für meine Sünden in der Höllen schmoren, wenigstens sind sie ehrlich zu mir. Sind Moderate ehrlich zu sich selbst?