Dienstag, 1. Januar 2008

Wishing for today

Neujahrsvorsätze sind für mich nutzlos, da ich perfekt bin. Stattdessen mache ich Vorsätze für andere Leute. Hier sind fünf Wünsche für 2008. Wenn nur einer davon in Erfüllung geht, erkläre ich es zu einem guten Jahr. Warum fünf? Einen Wunsch für jede Jahreszeit. Plus Karneval. Ihr erkennt den Wunsch, der Karneval abdeckt, an seiner Geschmacklosigkeit, seinem Unwitz und seiner Penetranz, und daran, dass er nach erbrochenem Bier müffelt.

Auf keinen Fall Hillary nominieren, Demokraten von Amerika! Frau Clinton als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen ist die einzig denkbare Möglichkeit, wie die Demokraten die Wahl 2008 noch verlieren könnten, und deswegen ist die Option äußerst verführerisch für eine Partei, die für die vergangenen acht Jahre ihre Politik auf das Prinzip ausgerichtet hat, eine unerwartete Niederlage aus den Fängen des sicher geglaubten Sieges zu entreißen. Bitte, Demokraten, ihr müsst widerstehen! Entscheidet euch für die zeichensetzende, hoffnungsweckende Wahl, Barack Obama, oder die sichere Weiß / Männlich / Glänzendes Haar Route mit John Edwards. Eigentlich könnt ihr jeden von eurer A- oder B-Liste aufstellen ohne den republikanischen Kandidaten zu fürchten. Wer immer es wird. Deren Feld besteht nämlich aus einem transsexuellen, ehebrechenden Terrorismusfetischisten, einem Mormonen John Kerry, einem senilen Zirkusäffchen der Bush-Regierung, einem furchterregenden Evangelisten gespielt von Kevin Spacey als Keyser Söze aus Die Üblichen Verdächtigen, und einem durchgedrehten Irren der Schulen, Polizei, Feuerwehr und Geld abschaffen will. Für die zu stimmen fällt sogar eingefleischten Rotstaatlern schwer. Die sind schlagbar. Außer von Hillary. Denn dann brauchen die republikanischen Wähler keinen Grund ihren Kandidaten zu unterstützen. Sie werden einfach gegen Hillary stimmen. Das wird so ähnlich laufen wie bei der letzten Wahl, als aus der Abstimmung für Kerry eine Abstimmung gegen Bush wurde, nur dass die Strategie diesmal aufgehen wird, weil die Republikaner im Bescheißen einfach besser sind. Ich sage das nicht einmal, weil ich etwas gegen Frauen in der Politik hätte. Habe ich nicht. Leider fällt mir nicht ein, wie ich das beweisen könnte. Ich würde ja anführen, dass ich Angela Merkel nicht unkatastrophal finde, aber die zählt nicht als Frau. Selbst wenn Hillary gewinnt, erhält damit nur ein bankrottes System der politischen Auseinandersetzung für mindestens eine weitere Legislaturperiode lebenserhaltende Maßnahmen. Aus diesem Grund, Demokraten, zieht die Sache mit dem ersten schwarzen Präsidenten durch und verschiebt die erste Präsidentin auf später.

Geh den eingeschlagenen Weg weiter, Benedict! Mach nach Abschaffen des Limbus, Verwässerung des Fegefeuers und dem Abrücken von der Hölle als Ort mit Feuer und Lava und kleinen pieksenden Teufelchen den nächsten logischen Schritt und schaff den Himmel ab. So wie die Vorstellung üblicherweise gebraucht wird hat sie sowieso kein religiöses Fundament in der Heiligen Schrift und kein wissenschaftliches Fundament in jedem der schon mal in einem Flugzeug über den Wolken geflogen ist. Deswegen rufe ich die Katholische Kirche dazu auf, den Zeilen des Propheten John Lennon zu folgen: Imagine there’s no heaven. Die Hölle unter uns halten viele Priester ja ohnehin bereits für überholt. Und den „And no religion, too“ Teil lassen wir dann für 2009.

72, 80, 96, 2008! Ja so stimmen wir alle ein! Deutschland gewinnt die Fußball-Europameisterschaft. In Österreich zu spielen sollte für unsere junge Mannschaft nicht viel anders sein, als in Deutschland zu spielen. Vor genau siebzig Jahre wäre das noch ein Heimspiel gewesen. Also können wir uns auf Publikumsunterstützung und sommermärchenhafte Leistungen freuen. Um es perfekt zu machen putzen wir im Finale die Italiener vom Platz. Alternativ fliegt Italien in der Vorrunde raus, erlebt großen Katzenjammer und feuert seinen Trainer. Im ersten Spiel der WM Qualifikation gewinnt Italien 5:1 gegen England in Wembley unter der Führung des neuen italienischen Coachs Jürgen Klinsmann. Von mir aus wäre ein 2008 in dem auch bloß eins dieser zwei Szenarios eintritt – Deutschland Europameister oder Klinsmann neuer Trainer in Italien – ein akzeptables Jahr.

Insp-Irrational ! Nur einmal, ein einziges Mal, im ganzen Jahr muss ein Politiker eine Vision entwickeln, die über das buchhalterische Abrechnen von Wählerstimmen und Volkes Meinung hinausgeht. Das ist reichlich unvernünftig für einen Beruf, der daraus besteht, es möglichst jedem recht zu machen, aber wer hat je gesagt dass Inspiration nicht eng mit Transpiration verwandt ist und wenn es sich bei dem Schweiß auch um Angstschweiß handelt weil man eine Überzeugung ausdrückt, welche die Wiederwahl in Frage stellt. Drückt es aus!

Ich will jemanden, der sagt: Die ESA ist eine gute Investition für unsere Millionen und ich bedauere es nur, dass es keine Milliarden sind. Sie ist wichtig, sie ist erfolgreich, und sie könnte sehr wohl entscheidender für das Leben unser Kinder und Kindeskinder sein als irgendwelche Krippenplätze. Nicht nur für ein gutes Leben, für ihr Leben überhaupt. Die ESA muss es uns wert sein. Und ihre einzige Unzulänglichkeit besteht darin, noch nicht ehrgeizig genug zu sein.

Ich will jemanden, der sagt: Wir bleiben in Afghanistan, basta! Wir haben mit unseren Verbündeten zusammen entschieden, dass die Aufgabe dort von großer Bedeutung ist, und es wird Zeit, dass wir mit unseren Verbündeten gemeinsam gleichwertige Arbeit leisten. Mit den Erfahrungen von zwei kollektiven Weltkriegen im Gedächtnis ist es gesund, dass die Deutschen gelernt haben, Kriege zu hassen, trotzdem kann ein Land, bei dem es kaum zwei Generationen her ist, dass ausländische Soldaten in es einmarschieren mussten, um Millionen seiner Bürger aus Konzentrationslagern zu befreien, nicht an Pazifismus ohne Ausnahmen glauben.

Ich will jemanden der den Kampf gegen den Klimawandel so ernst nimmt, dass er weh tun soll wo es nötig ist. So klare Worte wie Sigmar Gabriel für Industriekonzerne und George Bush findet, so klare Worte soll er an die deutschen Bürger richten. Sagt uns, was wir tun können. Sagt uns, was wir tun sollen. Fahrt weniger mit dem Auto? Klar. Seid bereit mehr für Fleisch und Milch, Strom und andere Produkte zu bezahlen, damit wir die Industrie auf klimaverträglicher Standards umstellen können? Das Geld ist es mir wert. Hört auf, auf Kühen zur Arbeit zu reiten? Oooooh, na gut, wenn es sein muss. Fangt an, mehr von uns zu erwarten, denn wenn wir nicht langsam mehr von uns selbst erwarten, ist alles, das uns erwartet eine Hauptstadt mit Meeresblick, einen zwölfmonatigen Rekordsommer, und Gammelfleisch wird auch kein Problem mehr sein, weil die Gegenden, in denen der Großteil der Schlachttiere grasten zu Wüsten verdorrt sind. Der Unwillen der Politiker ihre potentiellen Wähler zu verschrecken ist selbstverständlich, aber hin und wieder gibt es gute Gründe sich zu erschrecken, und das einzige, das schlimmer ist als Angst ist Angst ohne eine Lösung zu wissen. Erzählt uns nicht, es besteht eine Bedrohung und es ist alles unter Kontrolle. Wo Rauch ist, da ist Feuer, und wo Feuer ist, da brüllt ihr besser nach einem Eimer Wasser von jeder netten Seele, die einen herbeischleppen kann. Wenn ihr die Gefahr groß einschätzt, verlangt große Opfer.

Mir ist egal, was der Politiker genau sagt, auch wenn es dumm ist, solange es seine Karriere aufs Spiel setzt für eine Idee, die ihm wichtiger ist, und jemanden als Menschen ausweist, für den die nächste Wahl nicht der erste Gedanke ist, der ihm in den Sinn kommt, wenn er das Wort Zukunft hört.

Zu viel verlangt? Ja, schon. Aber so ist das halt mit frommen Wünschen und guten Vorsätzen. Mit Rauchen hat zu Neujahr ja auch noch niemand endgültig aufgehört.

Du etwa?

Na, dann versuch es doch dieses Jahr einfach noch mal.