Samstag, 5. Januar 2008

Ihr kennt Fantasy Football? Jetzt kommt Fantasy Politics!

Ich weiß nicht, was es ist, dass mich an amerikanische Präsidentschaftswahlen fasziniert. Deutsche Wahlen verfolge ich pflichtbewusst. Wahlen in den USA verfolge ich mit Leidenschaft. Ich jubelte über die Prozentzahlen der Iowa Abstimmung wie über Tore in einem Sportfinale. Schreie, in die Luft gereckte Fäuste und Gesang als die Führung - 34%, 35%, 37%, 38%! - auf der Punktetafel stieg. Und ich zitterte bei Obamas Siegesrede, Echos von 1961 und 2004 und 1963 hallten oder klangen oder knisterten in meinem Ohr, unter der Gänsehaut Geschichte im Entstehen zu erleben.

Natürlich ist die Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten für den Pfad der Welt einflussreicher als irgendeine andere demokratische Wahl. Doch das genügt nicht als Erklärung. Vielmehr geht ihre Natur tief an das menschliche Wesen. Es geht bei ihr um Erzählungen. Es wird der Kandidat gewählt, der die sinnvollste Geschichte erzählt. Nicht zwangsweise die Geschichte, die den logisch den größten Sinn ergibt, sondern die Geschichte, deren gefühlter Sinn an lautesten in den Herzen der Menschen widerklingt. Gute Kandidaten erzählen eine Geschichte. Die Besten verkörpern sie. Barack Obama steht für das Versprechen von Amerika in seiner pursten Essenz, wie es in einem von Terror und Panikmache zynisch gemachten Zeitalter eigentlich undenkbar, unmöglich, unglaubwürdig sein sollte. Doch der dürre schwarze Junge mit dem komischen Namen klebt der Vorstellungskraft Flügel an, weil sich seine Botschaft in seinem Charakter spiegelt. Obama ist ein Phänomen da sein narrativer Faden aus Wahrheit gesponnen ist und untrennbar in das Gewebe des Landes eingewoben.

Wie angekündigt, mein Traumticket für das Weiße Haus:

Obama/Biden 08!

Obama als Präsident und Joe Biden als sein Vize. Es ist ein unschlagbares Duo.

Barack Obama ist das Beste, das der amerikanischen Politik in der gegenwärtigen Lage passieren konnte, und die größte Inspiration für das Land der unbegrenzten Möglichkeiten seit John F. Kennedy. Wenn Obama spricht, dann erwacht Amerika aus den Alpträumen der letzten sieben Jahre und wagt erneut den Traum zu träumen. Den Traum von der Stadt auf einem Hügel. Den amerikanischen Traum und den Traum von Martin Luther King. Er ist der reine Teil der amerikanischen Seele, ohne die Kruste aus Korruption und Enttäuschungen und Misstrauen, der Kern aus Anstand und unerschütterlichem Vertrauen in eine schönere Zukunft und daran dieses goldene Morgen mit dem Schweiß von Heute aufzubauen, zu dem Menschen von nah und fern ohne Neid aufzuschauen vermögen. Es ist wahr, dass ein größerer Teil der Erde mit Hoffnung gen Amerika blickt als mit Hass. Die Welt, Europa ganz bestimmt und Deutschland vorne weg, will Amerika lieben. Allein, wir brauchen einen Grund. Barack Obama verkörpert diesen Grund und frischt eine Erinnerung auf, die nach acht Jahren Bush wie eingebildet scheint. Ein Kandidat wie Obama wäre zu einem anderem Zeitpunkt ein außergewöhnliches Ereignis gewesen, in unserer Situation ist er eine herbeigesehnte Erscheinung. Er ist genau die Medizin, die Amerika verschrieben werden muss. Innenpolitisch bringt er Heilung wo seine Konkurrenten weitere Spaltung bringen. Außenpolitisch ist Obama das Gesicht, das die Welt sehen sollte, um GWB zu vergessen. Die Amerikaner lieben ihre Symbole; die Flagge, die Hymne, den Adler. Es ist kein größeres Symbol vorstellbar als Barack Obama. Für Triumph und für Optimismus und für eine ausgestreckte Hand.

Joe Biden ist die große starke Stimme des harten Realisten und der gerechte Zorn hinter Obamas frommen Wünschen. Strategisch ergänzt Biden Obama auf wundervolle Weise. Er bellt und beißt und macht sich schmutzig, was Obama schwer zu Gesicht steht, und selbst wenn Biden einen Gegner mit einem gekonnten Hieb runterputzt ("Giuliani? Rudy Giuliani? Sie machen Witze? Was qualifiziert ihn für das Amt des Präsidenten? Alle Sätze von Rudy Giuliani bestehen nur aus drei Worten: Einem Nomen, einem Verb und 9/11."), macht er dies mit einem blendend weißem Gewinnerlächeln, das die verdrossene Miene des Angegriffenen überstrahlt. Während Obama die Hoffnungen weckt, verleiht Biden ihnen Dringlichkeit, so wie er mit Leidenschaft und Herzblut und glaubhaftem Schmerz für die Schicksale von Darfur und Irak appelliert. Als Vizepräsident übernähme Biden vor der Wahl die Rolle des Offensiven, der sich mit den Gegnern anlegt, um Obamas Weste so weiß zu halten wie den Anstrich des Hauses, in das sie einziehen, und nach der Wahl wäre Biden der gewissenhafte Zweifler, damit Sehnsüchte nicht ins Unerfüllbare ausufern bevor das Erfüllbare geleistet ist. Er füllt außerdem die wichtigsten und als größte Schwächen wahrgenommenen Lücken in Obamas Bewerbung - Erfahrung und außenpolitische Kompetenz - und nimmt damit der gefährlichsten Sachkritik, die von republikanischer Seite droht, von vorneherein den Wind aus den Segeln. Ja, ganz ehrlich gesagt, Ich habe mich ein wenig in Joe Biden verliebt, in seine imposante Gestalt, das staatsmännisch weiße Haar und blitzende Lachen. Leider stört da Bidens Hang über seine eigene Klappe zu stolpern, auch schon zum Thema Obama, aber als Vize ist der gelegentliche Flaps weniger ein Problem als für den ersten Repräsentanten Amerikas gegenüber der Welt, und weil Biden das Herz viel öfter am rechten Fleck als die richtigen Worte auf der Zunge hat und einen guten Humor besitzt, dürfte er sich mit Obama auf dieser Basis gut verstehen.

Wie man sieht habe ich das Duo aus den zwei Kandidaten gebildet, die mir am sympathischsten sind. Aber darüber hinaus geben sie zusammen ein komplettes Paket ab, das auch in strategischer Hinsicht funktioniert. Wie wahrscheinlich es ist, Wirklichkeit zu werden? Wer weiß. Es ist immerhin ein Traumticket. Aktuell wird Obama auf einer Welle der Begeisterung getragen, die hoffentlich Dienstag New Hampshire überschwemmt und dann ist selbst der Himmel keine Grenze mehr. Biden ist nach Iowa aus der Wahl zum Präsidentschaftskandidaten ausgestiegen, aber nach wie vor im Wettbewerb um den Vize-Posten und wird als heißester Anwärter auf das Amt des Außenministers gehandelt. Von den anderen in Frage kommenden Leuten würden Bill Richardson und Chris Dodd als Ergänzung zu Obama eine ähnliche Rolle erfüllen wie Biden: Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung. Von den beiden hat sich Dodd gleichzeitig mit Biden zurückgezogen und Richardson klammert sich an 2% aus Iowa gerade so noch fest. Der zweitbeste Präsidentschaftskandidat der Demokraten John Edwards hält sich hartnäckig im Hauptfeld und scheint wild entschlossen Hillary Clinton aus dem Rennen zu stoßen und selbst wenn er dazu selbst in einem glühendem Feuerball untergehen muss. Und wenn er das durchzieht und dadurch nur noch Obama stehen bleibt, hat sich seine Kandidatur vollkommen gelohnt. John Edwards ist ein absolut feiner Kandidat, der die richtigen Themen hat und die richtigen Dinge sagt, aber ich kann nicht vergessen wie er 2004 als zweiter Mann hinter Kerry in der Debatte von Dick Cheney zerrissen wurde. Außerdem ergänzt Edwards sich nicht mit Obama und ich denke auch Edwards selbst will nicht noch einmal als zweite Geige antreten. Aber er sollte eine wichtige Stimme bleiben und wenn seine Herzensangelegenheiten gehört werden ist es nur gut. Abgesehen davon... Solange Barack Obama als Vizekandidat nicht Hillary aufstellt, kann er nicht verlieren.

Vielleicht sollte er auch einfach einen Vize mit einem wirklich beschissenem Nachnamen wählen, egal ob der qualifiziert ist oder nicht, Hauptsache es lenkt die Leute ab, über Baracks Beinamen oder Nachnamen Witze zu machen.

In diesem Sinne...

OBAMA / BROWNBACK FOR 2008!