Dienstag, 17. November 2009

Ein Nachtrag zur gestrigen rasch hingekritzelten Bauchreaktion

Man verwies mich auf eine zweite Call of Duty: Modern Warfare 2 Besprechung in der hohen Presse. Der New York Times Redakteur ergießt sich wie sein Kollege von Slate in einen blubbernden Schwall undurchdachter Lobpreisungen, schafft es aber nebenbei und wahrscheinlich aus einem Versehen heraus ein paar der von Slate blankgelassenen Leerstellen zu füllen.

Das Wichtigste: Wann immer MW2 Ballerspaß zu Gräuel verkehrt (das geschieht nicht so häufig wie Slate den Eindruck erwecken will), erfordert das die ausdrückliche Genehmigung des Spielers. Jegliches Bedenken der eigenen Handlungen geschieht auf freiwilliger Basis.

Zum einen gibt MW2 dem Spieler die Möglichkeit, gewaltkritische Stellen zu überspringen, zum anderen ist dem Spiel der eigene Interessenskonflikt zwischen Gewalt, die unterhalten, und Gewalt, die schockieren soll, nicht geheuer, was es zu kompensieren versucht (und dadurch bloß die eigene Doppelzüngigkeit verschärft), indem es gerade in der Sequenz, in der der Horror des wirklichen Krieges in die Fantasiewelt am vernichtendsten einbricht, die schlimmsten Schauer der Realität ausblendet.

But even though you don’t have to kill any civilians, you can’t save them either. If you go through the scene at all, you will watch them mown down, then crawling for their lives before finally being dispatched. It will cause nightmares for some, and I cannot imagine it will be healthy for the mental state of some players who are already unbalanced.

But Infinity Ward clearly pulled many punches it could have thrown in trying to make the scene as realistic as possible. There are no children or obviously elderly people in the terminal and very few women. The thinking seems to be that if you’re going to allow a player to act out killing throngs of helpless civilians, the victims should be almost entirely white middle-aged men.

Um es auf den Punkt zu bringen: Was dem Slate-Redakteur die anfänglich mit Begeisterung ausgeübte Lust am Töten verdarb war einzig und allein die oben beschriebene Terrorismus Sequenz, in der der Spieler an einem Massaker an Zivilisten in einem Flughafen teilnimmt. Und die kann der Spieler mit einem kleinen Knopfdruck ausschalten.

Das heißt im Klartext, der Anspruch, das Genre Kriegsspiel zu unterhöhlen, steht und fällt mit einem einzigem Level in einer siebenstündigen Kampagne, das völlig optional und zum erfolgreichen Abschluss des Spiels nicht erforderlich ist, und ignoriert ferner die Natur von MW2 als Online-Spiel, das seinen happigen Preis, wie der NYT Rezesent eingesteht, nur dank einer auf Langlebigkeit zielenden Online-Komponente rechtfertigt.

Laut Slate und NYT liegt die höchste künstlerische Ambition von Call of Duty: Modern Warfare 2 darin, dass seine fünf Millionen Erstkäufer nach dem Durchspielen der Einzelspielerkampagne ausnahmslos so komplett angewidert von sich selbst sind, dass sie den Controller beiseite legen und die Online-Server niemals auch nur betreten. Jeder darf für sich selbst entscheiden, für wie glaubwürdig er diese These hält.