Dienstag, 28. August 2007

Endings always come too fast, they come too fast, but they pass to slow

Ich habe einen Rückstand an altem Zeugs, über das ich quatschen wollte, doch derzeit türmen sich die Neuigkeiten.

Fangen wir klein an. Mit dem einzigen Misthaufen in der Welt, auf dem kein gutes Kraut wächst. Einem Scheißberg unter dem auf wunderbare Weise bestimmte Leute Gold hervor fördern und in Sicherheit bringen und gleichzeitig die gleichen Leuten neue Kacke auf die Spitze furzen.

Zwei Artikel von Rolling Stone und Forbes geben zusammen einen guten Überblick über den Ausverkauf des Iraks an profitgeile Konzerne und warum er ungehindert von statten gehen konnte.

Es existiert eine Theorie, nach der die menschliche Zellen ständig ausgetauscht werden und alle zehn Jahre jede Zelle in unserem Körper mindestens einen Tod gestorben ist, und unsere Sünden und Fehler sterben mit ihnen, um von einer neuen Person ersetzt zu werden. Es würde einiges erklären. Dass Dick Cheney von 1994 besser wusste, was als Resultat einer Irak Invasion droht, als der Dick Cheney von einer Dekade später, hat mittlerweile die Runde in den Internets gemacht.

Weniger verbreitet ist, dass auch die 2001 Versionen von Condoleezza Rice und Colin Powell (das einzige Mitglied mit einem Gewissen in Bushs Kabinett und zufälligerweise auch das einzige Mitglied das freiwillig den Hut genommen hat) eine eine ganz andere Einschätzung bezüglich der militärischen Kapazitäten von Saddam Husseins Regime vertraten als die von 2003.

Normalerweise erben wir das Wissen unseres toten Vorgängers, aber hin und wieder geht scheinbar etwas im Prozess der Erneuerung verloren. Spekulationen besagen, dass die Zellen, die hier gestorben und nicht ersetzt wurden, Gehirnzellen waren.

Dummerweise kann das US Justizministerium nichts unternehmen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, weil es selbst von Skandalen und Entlassungen gelähmt ist. Als Konsequenz daraus hat Alberto Gonzales seinen Rücktritt eingereicht. Nein, ich scherze nur! Er hat zwar schon seinen Rücktritt erklärt, aber das hat rein gar nichts mit der Korruption unter seiner Führung zu tun, sondern schlicht damit, dass er von den Fragen des bösen Untersuchungsausschusses Kopfschmerzen bekam. Das ist Bushs Abschiedsworten zu entnehmen, in denen er die politisch motivierten Spiele der Demokraten für die Migräne seines verdienten Schergen, ähm, Mitarbeiters verantwortlich macht. Das ignoriert die Tatsache, dass die Fragen zuletzt von Demokraten und Republikanern gleichermaßen kamen und wenn überhaupt irgendwie motiviert dann von der Suche nach der Wahrheit, aber von Bushs Verdrängungskünsten wissen wir ja seit er seine Administration von der "realitäts-basierten Gemeinschaft" abgrenzte.

Gonzales Abgang folgt dicht auf den Fersen von Karl Roves Resignation. Beide Männer legten ihre Abgänge zeitlich so, dass sie in eine Sendepause der Daily Show, Amerikas schärfster Polit-Comedy, fielen. Zufall? Natürlich. Witzig? Absolut. Aber die Kritiker können gar nicht so oft Pausen machen wie Bushs Regierung die Leute ausgehen. Und wenn wir mal annehmen, dass hinter den jüngsten hochrangigen Verlusten kein geheimer Plan steckt, an dessen Ende Karl Rove als neuer Justizminister nominiert wird, drängen sich Vergleiche zu Ratten und sinkenden Schiffen auf.

Stephen Colbert hat uns zwar beigebracht, dass die Bush Regierung nichts mit der Titanic gemeinsam hat sondern wenn überhaupt mit der Hindenburg gleichgesetzt werden sollte, doch solange sich Bush weigert endgültig zu explodieren bleibe ich noch eine Weile beim Eisberg. Nun wird in den letzten Tagen dieser republikanischen Amtszeit, in der innenpolitisch nichts erreicht wurde außer ein Zwiespalt des Landes und die einzige ehrgeizige außenpolitische Zielsetzung, der alles andere, von Bündnissen bis Sympathie, geopfert wurde, zu einem Disaster gewirtschaftet wurde, wird zunehmend klar, warum die Riege um Cheney, Rumsfeld und Ashcroft eine Handpuppe brauchten, von der Karl Rove beim ersten Treffen sagte "Das ist ein Mann, den ich zum Präsidenten machen kann". Niemand von den Machern wäre willens zusammen mit dem Schiff, das sie für ihre erhgeizigen Pläne bauten, unterzugehen. George W. Bush darf als Kapitän bis zum Schluss salutierend auf der Brücke stehen, mit dem Banner "Mission Ersoffen" im Rücken, bis ihm das kalte Wasser bis zu den Ohren steht. Währenddessen springen die Lenker und Mechaniker und Navigateure mit trockenem Pelz von Bord.

Für Alberto "Total Recall" Gonzales hat der Rücktritt vom Amt einen ganz praktischen Nutzen. In zukünfigten Verhören vor dem Untersuchungsausschuss wird das Leugnen noch leichter werden. In einer Woche wird sich Speedy Gonzales nicht mehr daran erinnern, zurückgetreten zu sein. Bald darauf wird er sich noch nicht einmal mehr entsinnen, dass er jemals Justizminister war.

"Ich kann mich nicht entsinnen, mich zu erinnern ob mir im Gedächtnis wäre irgendwann dabei gewesen zu sein dass mir gerade nicht einfällt wann ich zuletzt einmal und überhaupt ein Amt in einer Regierung gehabt hätte und der Name Bush kommt mir spezifisch im Moment nicht bekannt vor und was sie sonst fragen das ist mir derzeit nicht im Kopf geblieben und so weiter entschuldigung Herr Senator."

Koooooopfschmerzen!

Zur Auflockerung lokale Nachrichten: China hackt deutsche Computer. Ein Shock! Okay, dass moderne Spionage über den virtuellen Datenraum läuft überrascht kein Schwein außer offenbar unsere hoch kompetenten Volksvertreter und dass China groß mit dabei ist - auch logisch. Aber ich hätte nie gedacht, dass sie so weit gehen. Die Computer unserer Beamten! Ich sag' mal so: Wenn die Chinesen bereit sind, sich durch den Staub von Gigabytes und Gigabytes bestem deutschem Bürokratentext zu wühlen ... dann verdienen sie den Sieg.